Obwohl sich Schweinemäster Martin Suette spezialisiert hat, bezahlt er am Ende drauf. zvg

Bauern am Limit

Die österreichische Landwirtschaft steckt in der Krise und ein Ausweg ist nicht in Sicht. Robert Schabus portraitiert in «Bauer unser» eine von fallenden Preisen gebeutelte Branche die im neoliberalen Mantra des Wachstums gefangen ist und sich dabei nur weiter verrennt.

10. Mai 2017

Nach der ersten halben Stunde des österreichischen Films «Bauer unser» steht der Beschluss fest: Ich werde mich vegan ernähren, oder besser noch, ich werde gar nichts mehr essen. Die Konsumenten schleife ich auf die Schlachtbank, die Agrarindustrie zünde ich an und den Neoliberalismus verbrenne ich gleich mit. Vielleicht kommt die Landwirtschaft dann wieder ins Lot.

Das Bild, das der Regisseur Robert Schabus in seinem ersten fürs Kino gedrehten Dokumentarfilm zeichnet, ist wenig erbaulich. Da trösten auch die geometrischen und sehr ästhetischen Kameraaufnahmen nicht darüber hinweg. Die österreichischen Bauern stecken in einer Krise und ein Ausweg ist nicht in Sicht. Die Preise für Landwirtschaftsprodukte sind im Keller und um dies auszugleichen, versuchen die Bauern die Produktion hochzuschrauben, was die Preise jedoch nur weiter fallen lässt. Tausende Bauern bleiben bei dieser Abwärtsspirale auf der Strecke und müssen ihre Betriebe aufgeben.

Einen Weg, diesen Teufelskreis zu verlassen scheint es nicht zu geben. Zumindest sehen dies drei der sechs Portraitierten Betriebe so. Um nicht unterzugehen, versuchen sie zu wachsen und sich zu spezialisieren. Auch wenn dies kaum mehr möglich scheint, wie Schweinemäster Martin Suette frustriert festhält: «Viel besser kann ich nicht mehr werden.» Obwohl er sich hochspezialisiert hat. Er übernimmt die Schweine erst in einem gewissen Alter, mästet sie während 120 Tagen und liefert sie dann ins Schlachthaus. Dann kommt schon die nächste Ladung. Dennoch bezahlt er am Ende drauf.

Alternative Bio-Hof

Doch kurz bevor man den Saal verlassen will um sich eine Flasche Vodka zu kaufen, diese vor lauter Elend leer zu trinken und mit der Flasche einen Molotow-Cocktail zu basteln, zeigt sich Schabus gnädig. Die «artgerechten» Grossschlachthöfe werden verlassen und als Gegenpol und Balsam für die Seele werden kleine und mittlere Betriebe präsentiert, die sich nicht der Spezialisierung und dem Wachstum unterworfen haben.

Das extremste Beispiel ist das Ehepaar Vogt. Zu zweit betreiben sie einen kleinen Bio-Bauernhof mit Gemüsegarten und einigen Schafen, die von Hand gemolken und auch geschlachtet werden. Ihre Produkte verkaufen sie direkt und können davon ganz gut leben. Ihre eigene Zukunft sieht Maria Vogt unproblematisch, da es neben den Grossbetrieben immer noch «alternative Systeme» wie das ihre geben werde. Doch all die normalen Betriebe werden einigen Grossen weichen müssen, da ist auch sie überzeugt davon.

Der Einzige der nicht in das Klagelied einstimmen will, ist der EU-Kommissar für Landwirtschaft. Stattdessen träumt er lieber von 150 Millionen potentiellen Kunden in Afrika und Asien, welche dank Freihandel künftig erreicht werden können.

Die anderen interviewten Experten zeigen sich deutlich skeptischer. Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft kritisiert das Freihandelsabkommen TTIP als «ein Scheunentor», durch das die Industrie sich [die europäischen und amerikanischen] Regierungen gefügig machen kann“ und von dem am Ende nur die grossen profitieren, während die lokalen Strukturen zugrunde gehen.

Es ist eine der grossen Stärken des Filmes, dass er die verschiedenen Akteure zu Wort kommen lässt, ohne gross zu kommentieren. So entsteht ein vielschichtiges Bild des Problems, das nicht auf eine platte Konsumkritik im Stil von «dann iss halt Bio» hinausläuft. Anderseits muss man sich auch Fragen: Erzählt mir der Film etwas Neues? – Nein. Man hat das alles schon mal gehört. Soll man ihn dennoch schauen? – Ja, denn man kann es sich einfach nicht genug vor Augen führen, auf wessen Kosten wir einen Burger für 2.50 Essen können.

«Bauer unser» ist ab dem 11.05.2017 im Kino zu sehen.