Die Uni feiert sich selbst
Wie jedes Jahr lud die Universität Zürich auch dieses Jahr zum Dies Academicus. In einem festlichen Akt erinnerte sie so an ihre Gründung im Jahr 1833
Nein, ganz voll besetzt waren sie nicht, die 500 Plätze des Auditorium Maximum am Irchel. Und doch hatte sich darin am Samstag, 29. April, eine illustre Gästeschar zusammengefunden, um den Dies Academicus und damit den Geburtstag der Universität Zürich zu feiern. Neben den verschiedensten wissenschaftlichen Mitarbeitenden der Uni, die den grössten Teil der Festgemeinde ausmachten, waren auch bekannte Namen aus Politik und Wirtschaft zugegen. Einer davon: Silvia Steiner, die kantonale Bildungsdirektorin, die die Festrede hielt.
«Ungerechtfertigte Kritik»
Steiners Rede war engagiert – und erstaunlich selbstbewusst. In drei Thesen legte die Direktorin dar, dass die Kritik, die in letzter Zeit des Öfteren an der Universität Zürich laut wurde, gänzlich ungerechtfertigt sei. Weder wollte Steiner etwas davon wissen, dass an der Universität Zürich die Studienwahl eingeschränkt werden müsse, noch wollte sie die Behauptung gelten lassen, dass zuwenige Schweizer Forschende den Sprung auf die Dozierendenstufe schafften. Auch dass die Universität ein Elfenbeinturm sei, verneinte Steiner. So fiel das Bild, dass sie von der Universität zeichnete, gänzlich wolkenlos aus. Ein Geburtstagskind gehört beglückwünscht: Und doch hätte man sich nebst den Glückwünschen noch anderes gewünscht von Steiner: Dass sie zu Sorgen veranlassende Entwicklungen wie die Streichung der kleinen Nebenfächer und die schrittweise Ökonomisierung des Studiums nicht so achtlos vom Tisch wischen würde. Denn auch im noch so meisterhaft gezeichneten Bild lassen sich schwarze Wolken nicht einfach so vertreiben.
Engagierte Privatdozierende
Kritischer fiel da schon die Ansprache der Präsidentin der Vereinigung für Privatdozierende, Caroline Maake, aus. Diese beklagte sich darüber, dass der altehrwürdige Stand der Privatdozierenden mit der Umstrukturierung des Personalwesens verschwinden wird. Künftig werden von der Universität Zürich keine externen Lehraufträge mehr erteilt, sondern nur noch Festanstellungen gesprochen werden. Die Privatdozierenden, deren täglich Brot die externen Lehraufträge waren, werden damit quasi obsolet. Wollen sie weiter einer Lehrtätigkeit nachkommen, so wird das Arbeitsverhältnis mit der Uni künftig über eine Festanstellung laufen. Die Privatodzierenden werden so zu wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität. Maake zeigte sich in ihrer Rede unzufrieden mit dieser Lösung. Dass sie trotz der deutlichen Worte nicht zur Partykillerin wurde, lag daran, dass sie es bestens verstand, ihre Kritik an der Unileitung mit viel Charme und Witz vorzutragen.
Bestens gelaunter Rektor
Rektor Michael Hengartner stand ihr in diesem Punkt in nichts nach. Gewohnt galant und gewitzt führte er durch die Veranstaltung und zeigte sich bestens gelaunt. Er hatte denn auch nur Erfreuliches zu berichten: Sein Jahresrückblick fiel – wie es sich für ein Geburtstagsfest gehört – rundum positiv aus, und auch sonst erlebte er einen äusserst angenehmen Vormittag: Er durfte die besten studentischen Arbeiten auszeichnen, den Lehrpreis verteilen (Greta Patzke, Professorin für Anorganische Chemie) sowie diverse Ehrendoktortitel überreichen.
Auch den beschliessenden und begiessenden Apéro im Lichthof wird Hengartner in guter Erinnerung bleiben. Den Gruss an die Festgemeinde, von ETH-Präsident Lino Guzella ausgerichtet, wurde innert kürzester Zeit zur Kalberei. Guzella überreichte Hengartner nach einer Reihe von Sticheleien zwei Globibücher und zwei Tessiner Salametti (für deren Hersteller er schamlos Werbung betrieb). Es ist vielleicht das Bild, das vom Dies Academicus, dem Anlass mit dem einzigen Zweck, sich selbst zu feiern, am besten in Erinnerung bleibt: Der sorglose Rektor der Universität Zürich mit den Bilderbüchern und Würsten in den Händen. Als ginge es an der Uni um nichts anderes.