Geschäftstüchtige Hochschulen

Wenn es um die Gründung von innovativen Unternehmen geht, mischen auch die Hochschulen mit. Ihr Hauptaugenmerk sollte aber auf der Wissenschaft verbleiben.

28. Februar 2017

Der vielzitierte Elfenbeinturm ist eine Metapher für die Universitäten, die mindestens so realitätsfern ist wie sie der Wissenschaft zu sein vorwirft. Die Universitäten mit ihrer Forschung sind die Innovationstreiberinnen unserer Gesellschaft. Sie schaffen Wissen mit der hehren Absicht, aktuelle Problemstellungen der Allgemeinheit zu lösen und ihre Erkenntnis ist kein Selbstzweck. Im Gegenteil: Sie sorgt dafür, dass sich unsere Lebensqualität stetig verbessert und der Alltag immer leichter wird. Seien es Fortschritte in der Medizin, seien es die technologischen Errungenschaften der letzten hundert Jahren, immer stand Grundlagenforschung der Akademien am Anfang.

Pragmatische Wissenschaft

Und in der jüngeren Geschichte sind die Hochschulen sogar noch pragmatischer geworden. Sie bringen immer öfter ihre Erkenntnisse gleich selber auf den Markt, was sowohl der Wirtschaft als auch den Hochschulen selbst zugute kommt, fliessen auf diese Weise doch viele Gelder wieder zurück in die Kassen der Forschungsstätten, die damit wieder Neues zutage förden können.

Mit bestem Beispiel voran geht in dieser Hinsicht einmal mehr die ETH Zürich. Sie gehört nicht nur akademisch zu den allerbesten Hochschulen auf der Welt, sie hat auch immer wieder ihren Geschäftssinn unter Beweis gestellt. Gerade im Technologiebereich leisten ihre Forschenden Ausserordentliches; und es kommt nicht von ungefähr, dass diese jedes Jahr zwischen fünfzig und hundert Patente und Computerprogramme anmelden. Und damit aus diesen Innovationen auch konkrete Produkte entstehen, hat die ETH über die letzten zwanzig Jahre denn auch diverse Stellen geschaffen, die es sich zum Ziel gemacht haben, den Unternehmensgeist der Studierenden und Forschenden zu fördern. Und das tun sie mit grossem Erfolg: In dieser Zeit wurden 350 ETH-Projekte zu Firmen, welche rund haben 2500 Stellen geschaffen haben, wie letztes Jahr eine Ausgabe des ETH-Magazins «Globe» stolz zu berichten wusste.

Problematische Interessensvermengungen

Daran gibt es soweit nichts auzusetzen. Nur drängt sich einmal mehr eine Grundsatzdiskussion auf: Muss Wissenschaft wirtschaftlich rentabel sein und den Markt mit Ideen versorgen? Wie die ETH zeigt, kann sie, aber im Grunde genommen muss sie nicht. Denn die Vermengung von wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen ist bekanntlich äus-serst problematisch.

Davon abgesehen ist die Aufgabe einer Hochschule nicht primär, junge Menschen zu produktiven Teilnehmenden der Wirtschaft zu formen. Sie müssen Bildung zur Verfügung stellen statt Ausbildung. Sie soll kritische Geister fördern statt den Markt. Und zwar in allen Studienrichtungen.

Drittmittel

Es besteht bei allem erfreulichen Engagement einmal mehr die Gefahr, dass mit zunehmendem Unternehmensgeist an den Hochschulen die weniger profitablen Forschungsfelder wie etwa die Geisteswissenschaften vernachlässigt werden. Über kurz oder lang gesehen führt diese ungleiche finanzielle Verteilung zu asymmetrischem Wachstum. Es muss tunlichst vermieden werden, dass sich die Fakultäten und Institute allzu sehr von marktwirtschaftlichen Interessen leiten lassen. Genau wie auch bei gestifteten Professuren, Drittmitteln und ähnlichem ist besondere Vorsicht geboten, wenn sich die Hochschulen anschicken, sich dem Diktat des Marktes unterzuordnen. ◊