© Wildbiene und Partner, zvg

Bienen auf dem Balkon

Bienen sind weltweit vom Aussterben bedroht. Zwei Zürcher entscheiden sich, etwas dagegen zu unternehmen: Sie gründen das Start-up Wildbiene + Partner.

28. Februar 2017

Ohne Bestäubung keine Blumen, ohne Blumen keine Früchte. Das Aussterben der Bienen beunruhigt die Wissenschaftler. Die Folgen wären weltweit fatal für das ökologische Gleichgewicht und hätte massive Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Bienen sind nicht nur wichtige Arbeitskräfte, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Gründe für ihr Aussterben sind vielfältig: Einsatz von Pestiziden, fehlende Nahrungsquellen oder Verlust ihres natürlichen Lebensraums. Diese alarmierende Situation haben zwei Studenten erkannt und daraus ein Geschäftsmodell entwickelt, welches die Population der Bienen wieder in Schwung bringen soll. Das Start-up heisst Wildbiene + Partner und bietet allen die Möglichkeit, etwas zur Vermehrung der Wildbienen beizutragen.

Die Idee ist einfach: Man geht eine einmalige Patenschaft ein. Dafür bekommt man per Post ein Bienenhäuschen, das sogenannte BeeHome, mit einer Startpopulation von 15 Mauerbienen zugeschickt. Im Frühling schlüpfen die Tierchen aus ihren Kokons, bestäuben fleissig die Blumen in der Umgebung und vermehren sich. Die Mauerbienen sind harmlos, stechen nicht und interessieren sich nicht für unser Essen oder Süssgetränke. Dadurch eignen sie sich ideal fürs Zuhause, und man kann sie ohne Bedenken bei ihrer täglichen Arbeit beobachten. Im Herbst, wenn die neue Population im Winterschlaf verweilt, kann die Innenbox bequem zurückgeschickt werden, damit die Spezialisten vor Ort die Kokons fachgerecht pflegen. Im Frühling bekommt man sein BeeHome erneut per Post, und der Zyklus beginnt von vorne. Mitmachen kann jeder, der einen kleinen Garten oder einen Balkon hat, denn die Tiere sind pflegeleicht und sogar stadttauglich.

Reise beginnt

Angefangen hat alles in einer WG. Die Gründer Claudio Sedivy und Tom Strobl lernen sich während des Studiums kennen und teilen sich eine WG. Die Idee für ein Start-up Projekt mit Wildbienen kommt nicht von ungefähr. Claudio promoviert damals an der ETH; sein Schwerpunkt liegt auf den Wildbienen. Tom studiert an der Uni Biologie, wo er sich auf Botanik und im Master auf Evolution und Systematik spezialisiert. Als sie sich kurz nach dem Studium an einem der Abende wiedersehen, diskutieren sie rege über die Probleme der Bestäubung. «Wir haben fast die ganze Nacht über das Problem diskutiert und gleichzeitig Ideen ausgetauscht, wie man ein solches Projekt aufbauen könnte», erzählt Tom. Zwei Wochen später nehmen sie an einem WWF-Wettbewerb teil, denn sie prompt gewinnen. Sie bekommen ein Startkapital. Damit gründen sie 2013 ein Unternehmen und können seitdem ihr Projekt Wildbiene + Partner erfolgreich aufbauen. «Die Idee, dass Mauerbienen gezielt für die Bestäubung im Obst- und Beerenanbau eingesetzt werden, ist nicht neu», so Strobl, «aber unser Konzept, dass Privatpersonen aktiv die Vermehrung der Bienen unterstützen und wir den Bauern einen kompletten Bestäubungsservice anbieten, ist einmalig.» Weitere Unterstützung bekommen die zwei jungen Unternehmer auch von der ETH. Im Rahmen des ETH-eigenen Spin-off-Programms werden ihnen Beratung und die Möglichkeit zur Nutzung der Räume für die Forschung angeboten sowie der Aufbau eines Netzwerks.

Werdegang

«Die Produktion stellte zunächst eine grosse Herausforderung dar, denn es ist ein Produkt mit vielen Details, wo eben auch viele Fehler gemacht werden können», berichtet Tom. Als die ersten Bienenhäuschen stehen, kommen sie zunächst bei Familie und Freunden unter. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten und schon nach knapp einem halben Jahr können sie nun allen weiteren Interessenten die Patenschaft anbieten. Die mehrheitlich positive Resonanz in den Medien sorgt ebenfalls für gute Werbung. ◊

Die Verbreitung von BeeHome bei Privatpersonen soll nicht nur Spass machen, sondern gleichzeitig auch für Sensibilisierung sorgen. Obwohl der Fokus bis jetzt hauptsächlich auf Privatpersonen liegt, existieren noch zwei weitere Projekte. BeeFarmer bietet eine nützliche Option für die Bauern für die optimale Bestäubung von Obst- und Beerenkulturen. Dieses Projekt ist aber noch mehrheitlich in der Entwicklung. Beim BeeParadise wiederum werden an verschiedenen Standorten und auf öffentlichen Flächen in der Schweiz Wildgärten angelegt. Dabei entstehten nicht nur ein perfekte Habitate für die Bienen, sondern auch schöne Grünflächen mitten in der Stadt, die zum Verweilen einladen sollen.

Die Zukunft

Zurzeit besteht das Team von Wildbiene + Partner aus sechs Leuten und ist vorwiegend in der Schweiz tätig. Erst vor Kurzem wurde ein weiteres Unternehmen in Konstanz gegründet, das sich jedoch mehrheitlich auf den Vertrieb der Wildbienen bei den Bauern konzentriert. Die enge Zusammenarbeit mit den Bauern liegt ihnen ebenfalls am Herzen und soll weiter ausgearbeitet werden. Die Vision der beiden Zürcher ist, die Bienenpopulationen vor dem Aussterben zu bewahren und dadurch längerfristig positive Auswirkungen im Bereich der Lebensmittelproduktion zu erzielen. Die Schweiz bietet dafür nur einen kleinen Markt, aber wenn das Unternehmen so weiter wächst, wäre das weitere Ziel, Fuss auf dem europäischen Markt zu fassen.

Die wenigen Kritiker von BeeHome plädieren dafür, dass man so wenig wie möglich in die natürlichen Bestäubungsprozesse eingreifen solle. «Damit heutzutage aber ein Bauer wettbewerbsfähig sein kann, reicht leider meist eine natürliche Bestäubung alleine nicht mehr aus», erwidert Tom. Diese Kritik nehmen sie gern in Kauf, denn trotz dieser verzeichnet das Projekt Wildbiene + Partner grosse Erfolge, wächst und entwickelt sich ständig weiter. Claudio und Tom sind also nicht nur gute Freunde, sondern auch erfolgreiche Businesspartner mit einem gros-

sen Herz für die Bienen und einer Vision für einen längerfristigen Impact auf das Ökosystem. Für die jungen Start-ups hat Tom auch einige Tipps bereit: «Geht möglichst schnell mit der Idee raus, holt euch ein breites Feedback und habt keine Angst vor Kritik!» ◊