It's gonna be huge!
Die Uni leidet an Platzmangel. Zusammen mit der ETH und dem Universitätsspital will sie das Hochschulquartier umbauen.
Die kantonale Baudirektion hätte sich einen anderen Kommentator für ihr Modellvideo «Masterplan Hochschulgebiet» aussuchen sollen. Donald Trump zum Beispiel. Eine digitale Planierraupe macht das halbe Universitätsquartier platt, ein neuer Klotz nach dem anderen schiesst aus dem Boden, und man hört die globale Witzfigur «It’s gonna be huge!» rufen. Im 2014 veröffentlichten Video stellt der Kanton sein Konzept für das Hochschulgebiet Zürich Zentrum vor, welches die bauliche Entwicklung der Universität, der ETH und des Unispitals festlegen soll.
Momentan leiden alle drei Institutionen unter akutem Platzmangel. Die Hochschulen mussten Gebäude im Zentrum, in Oerlikon und in Schlieren dazumieten, das Spital ein Provisorium im Park bauen. Die letzte bauliche Weiterentwicklung der Uni war 1999 am Irchel. Seither ist die Zahl der Studierenden an der UZH um ein Viertel auf rund 25'000 angestiegen, und jedes Jahr kommen mehr dazu. Dass diese Situation nicht optimal ist, wissen alle, die in 20 Minuten von einem Seminar in Oerlikon in eine Vorlesung im Zentrum hetzen müssen.
Neuanfang
Um das Problem zu lösen, geht der Kanton für einmal ganz unschweizerisch vor und macht Nägel mit Köpfen. Statt ein paar Verbesserungen hier und da plant er, einen Grossteil dessen, was nicht denkmalgeschützt ist, abzureissen und grösser wieder aufzubauen. Besonders das Spital soll vergrössert werden. Diese bauliche Verdichtung mitten im Herzen von Zürich rechtfertigt der Kanton damit, dass Forschung, Lehre und Spital nahe beieinander liegen sollten. Nur so sei ein stetiger Austausch garantiert. Zudem könne die kostspielige Infrastruktur geteilt werden.
Die Uni will künftig nur zwei Standorte: Irchel und Zentrum. Im Zentrum sollen zwei grosse Gebäude entstehen. Eines der beiden soll schon in zehn Jahren auf dem Areal Wässerwies, gleich vis-à-vis vom Eingang des Hauptgebäudes, stehen. Das Projekt ähnelt in seiner Grösse dem Hauptgebäude. Der zweite Neubau ist an der Stelle des Deutschen Seminars und des benachbarten Volkswirtschaftsgebäudes geplant. Er soll 2030 fertiggestellt werden.
Wunschliste
Was genau in die neuen Gebäude kommen soll, ist noch ziemlich unklar. Im Wässerwies sollen Prüfungs- und Vorlesungssäle, eine Gross-Bibliothek, welche die Bestände der umliegenden Kleinbibliotheken zusammenfassen wird, Verpflegungsstätten und Sporthallen unterkommen, wie Stefan Schnyder, Direktor Finanzen, Personal und Infrastruktur der Uni, schreibt. Im Masterplan von 2014 steht, dass die neuen Gebäude für Geistes-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften vorgesehen sind.
Der Neubau wird der UZH knapp 134'000 Quadratmeter Geschossfläche zur Verfügung stellen. Zieht man die zugemieteten Flächen ab, entspricht dies etwa einem Flächenzuwachs von 15 Prozent im Zentrum.
Ein teurer Spass
Das gesamte Projekt wird zurzeit mit rund 4.5 Milliarden Franken veranschlagt, wobei der Löwenanteil von 2.1 Milliarden auf das Unispital fällt. Bezahlen wird den Teil der UZH der Kanton im Rahmen der gesamtkantonalen Investitionsrechnung. Auf die Frage, ob aufgrund der Mehrausgaben an anderen Stellen gespart werden wird, sagt Schnyder: «Da kantonale Investitionsmittel immer beschränkt zur Verfügung stehen, ist klar, dass eine Güterabwägung der jeweiligen Investitionsprioritäten aller kantonalen Institutionen gemacht werden muss. Dabei muss in den universitären Führungsgremien entschieden werden, welche Investitionen wichtig sind und auf welche verzichtet werden muss.» Heisst also, die Uni wird andernorts sparen müssen.
Das Aussehen der geplanten Gebäude ist noch unklar. Auch, ob die Bauzeiten eingehalten werden, steht noch in den Sternen. Das Wässerwies-Gebäude wurde ursprünglich für 2025 geplant, mittlerweile heisst es, dass die erste Etappe 2027 beendet sein wird.
Demokratisch heikel
Besorgte Bürger und Bürgerinnen äus-sern sich online zu Denkmalschutz, Bauhöhen und Verkehrsbelastungen – scheinbar vergebens, denn obwohl in der Stadt Zürich normalerweise über jedes Gartenhäuschen-Projekt abgestimmt wird, haben Bürger bei diesem Umbau im Herzen der Stadt nichts zu sagen. Die gemeinsame Plan kantonaler und eidgenössischer Institutionen verunmögliche dies, meinte Baudirektor Markus Kägi in einem «Tages-Anzeiger»-Interview.
Die Behörden sind aber sichtlich darum bemüht, keinen Ärger aufkommen zu lassen. Sie organisierten Informationsveranstaltungen und versprechen, dass Quartiere sich einbringen können. Auch die UZH betont, dass der Dialog unter anderem mit dem VSUZH, dem Verein Akademischer Mittelbau und dem Verein Infrastrukturpersonal gepflegt werde.
Wie sich das Projekt entwickeln wird, ist zurzeit noch unklar. Sicher ist nur, dass Studieren an der Uni in 20 Jahren anders aussehen wird als heute. Und das ist auch gut so. Denn es ist niemandem gedient, wenn man durch die halbe Stadt reisen muss, um Lehrveranstaltungen besuchen zu können. Ob es der Uni gelingt, so etwas wie ein Campusgefühl entstehen zu lassen; wie es ist, neben einer Grossbaustelle zu lernen, und ob die neuen Gebäude wirklich den Bedürfnissen der Studierenden entsprechen werden, wird sich zeigen. ◊