«Im Liz-System hängen geblieben»
Auf dieses Semester hin sind an der Philosophischen Fakultät die kleinen Nebenfächer abgeschafft worden. Der Studiendekan Daniel Müller Nielaba steht Rede und Antwort.
Was ist die Überlegung hinter der Abschaffung der kleinen Nebenfächer?
Müller Nielaba: Der Entscheid zur Abschaffung der kleinen Nebenfächer wurde von der Philosophischen Fakultät getroffen. Im Grundsatz geht es darum, dass wir vom kleinen Nebenfach aus keine Konsekution, also keine Weiterführung auf Masterstufe garantieren können, vor allem nicht bei einem Hochschulwechsel. Es wird also immer schwieriger, den Übergang vom Bachelor- ins Master-Programm für Studierende zu gewährleisten, die eine solche Fächerkombination gewählt haben.
Sind die kleinen Nebenfächer also noch ein Überbleibsel aus alter Zeit?
Ja, das ist richtig. Da sind wir noch ein bisschen am Liz-System hängen geblieben. Die Idee von Bologna ist, dass Studierende, die hier den Bachelor gemacht haben, nicht zwingend auch ihren Master hier absolvieren müssen. Mit der Institution der kleinen Nebenfächer ist diese Anschlussmöglichkeit nicht gegeben.
Die Philosophische Fakultät betont, dass durch die Abschaffung keine Inhalte verloren gehen. Steht den Studierenden dadurch aber nicht weniger Vielfalt in der Fächerauswahl zur Verfügung?
Nein, das kann man so nicht sagen. Die Inhalte der kleinen Nebenfächer werden weiterhin angeboten und sogar mehr Studierenden zugänglich gemacht, also auch solchen, die nicht spezifisch ein kleines Nebenfach wählen möchten. Die Universität Basel bietet etwa im Bachelor genau zwei Fächer an, die aber einen sehr grossen Wahlbereich einschliessen. Diesen können die Studierenden entweder einem Fach zuweisen, in zwei Fächer aufteilen, oder sie belegen viel Verschiedenes. Ganz so weit gehen wir an der UZH nicht. Wir glauben aber, dass sich mehr Studierende trauen werden, beispielsweise ein Modul in Mittellatein zu belegen, das sie ihrem Hauptfachprogramm anrechnen können, anstatt sich für längere Zeit auf ein Nebenfach festzulegen.
Auf das Herbstsemester 2019 hin revidiert die Philosophische Fakultät alle ihre Studienprogramme. Hat die Abschaffung der kleinen Nebenfächer damit etwas zu tun?
Auf jeden Fall. Der Reformplan Bologna 2020 für die Philosophische Fakultät, so, wie ihn die Unileitung genehmigt hat, sieht vor, dass die neuen Studienprogramme im Herbst 2019 in Kraft treten. Dabei werden auch noch die letzten vier kleinen Nebenfächer, die bis dahin bestehen bleiben, abgeschafft. Aus meiner Sicht ist es falsch, wenn sich Studierende heute in ein Studienprogramm einschreiben können, von dem wir wissen, dass es dieses nicht mehr geben wird, wenn sie die Masterstufe erreichen.
Welche Änderungen werden sonst noch vorgenommen?
In der Planung sind verschiedene neue Monoprogramme für die Masterstufe vorgesehen. Ausserdem werden die 75-Punkte-Master-Programme alle durch 90er-Formate ersetzt werden. Zusätzlich suchen wir immer nach Wegen, den Bereich der Wahlmodule weiter zu öffnen. Dazu könnte beispielsweise auf Stufe Bachelor gehören, dass gewisse Sprachkompetenzerwerbe wie das Latinum ECTS- Punkte erbringen. Am wichtigsten ist für uns aber, die Konsekution, also die Anschlussfähigkeit des Bachelorabschlusses zum Master, sicherzustellen.
Studierende, die bereits kleine Nebenfächer belegt haben, können diese bis 2019 noch zu Ende studieren. Was passiert aber, wenn jemand in einem solchen Programm jetzt aufgrund eines Misserfolgs aus seinem Studienprogramm ausgeschlossen wird?
Tatsächlich ist es so, dass sich ein Problem ergibt, wenn ein Studierender in den nächsten Jahren aus einem kleinen Nebenfach ausgeschlossen wird, da ihm oder ihr keine direkten Alternativen zur Verfügung stehen. Im Extremfall führt das dazu, dass jemand ein Bachelor-Nebenfach nachholen muss, um den Master abschliessen zu können. Darin zeigt sich aber auch direkt ein Problem des Systems, das wir abschaffen werden. Für mich als Studiendekan wäre ein solcher Härtefall immer schlimm. Dieses Risiko wird in den nächsten Jahren aber stetig abnehmen. ◊
Zur Person
Daniel Müller Nielaba ist Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft. Darüber hinaus ist er Studiendekan der Philosophischen Fakultät und als solcher massgeblich an der Studienreform «Bologna 2020» beteiligt.