Rektorin Sarah Springman während ihrer Eröffnungsrede. zvg

Die ETH feiert sich

Zu ihrem 161. Geburtstag schenkte sich die ETH Zürich einen akademischen Festtag. Am diesjährigen ETH-Tag von gestern Samstag stand vor allem eines im Zentrum: die Exzellenz der Hochschule.

20. November 2016

Seit der Gründung der Eidgenössischen Technischen Hochschule seien ihr Bildungsauftrag und ihre Bildungsziele unverändert geblieben, konstatierte die amtierende Rektorin Sarah Springman in ihrer Eröffnungsrede – unverändert ambitioniert. Damit gab sie sozusagen das Kernthema der folgenden Ansprachen vor: die Ambition, Weltklasse zu sein. ETH-Präsident Lino Guzzella nahm es auf, als er in seinem Grusswort von einer Winner-Takes-It-All-Mentalität sprach, in der untergehe, wer nicht zu den Gewinnern gehöre. Und Severin Schwan, CEO der schweizerischen Hoffmann-La Roche, legte in vier Thesen dar, was seines Erachtens getan werden müsste, um die Exzellenz des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts Schweiz zu erhalten, beziehungsweise zu fördern.

Wichtige Fragen – vertagte Antworten

Das sind zweifelsohne die zentralen Fragen, die sich die Politik im Hinblick auf zukünftige Herausforderungen in der Hochschulbildung stellen muss. Dass man am ETH-Tag aber keine konkreten Lösungen präsentieren will, zeigte sich schnell. Denn vorab feierte sich die heutige Elite selbst. Das geladene Publikum, unter dem auch Uni-Rektor Hengartner, Vertreterinnen und Vertreter des Bundes sowie Sterne-Generäle der Schweizer Armee weilten, beklatschte zunächst munter drei exzellente Doktorierende, die in kurzen Referaten einen Einblick in ihre Forschungsarbeiten gewährten. Im Anschluss gebührte der Applaus einem gutem Dutzend ausgezeichneter Professorinnen und Professoren, die von Lukas Möller im Namen der Studierendenschaft eine goldene Eule für hervorragende Lehrtätigkeit verliehen bekam. Schliesslich wurden die ausserordentlichen Leistungen von Bauingenieur Max Ernst Meyer und Umweltwissenschaftler Thomas Stocker mit Ehrendoktortiteln gewürdigt und Thomas Knecht zum Ehrenrat ernannt. Mehrere Auftritte des Akademischen Orchesters unterstrichen die Festlichkeit des Anlasses. Durchaus im Sinn des übrigen Anlasses waren auch diese Darbietungen exzellent.

Keine Dissonanzen

So präsentierte sich die ETH am gestrigen Samstagvormittag ganz so, wie sie sich am liebsten präsentiert: nüchtern, gut gelaunt und erstklassig. Da blieb es ob so viel Eintracht auch unausgesprochen, dass Severin Schwan – natürlich in Abweichung vom Manuskript – einen durch und durch deplatzierten Witz über die sozialdemokratische Partei fallen liess, absurderweise vorschlug, bei Berufungen von Professorinnen und Professoren künftig auch das Engagement in Start-Up-Unternehmen (also deren Sinn für Rendite) zu berücksichtigen, und überdies eine Zuwanderungspolitik postulierte, die sich vermehrt an Qualifikationskriterien orientiert.

Süss und hart zugleich

Sei’s drum. Nach dem gediegenen Apéro und dem obligaten Händeschütteln nach allen Seiten bekam jeder Gast einen Zürcher Honig-Tirggel mit auf den Nachhauseweg. Und das ist vielleicht das beste Sinnbild für den gestrigen ETH-Tag. Denn Tirggel sind sehr wohl süss, zugleich aber hart im Biss. In den wahren Genuss der Spezialität kommt also nur, wer die Geduld aufbringt, das Gebäck, wie in der Essanleitung (!) vorgeschrieben, langsam auf der Zunge zergehen zu lassen. Geduld, Korrektheit und Zielstrebigkeit zahlen sich eben aus; seit 161 Jahren. In diesem Sinn also: alles Gute, liebe ETH!