Jahrzehnte der Verbundenheit: Die ETH will jetzt einen Schlussstrich ziehen. Oliver Camenzind

ZS droht ETH-Adressen zu verlieren

14. November 2016

Der VSETH und die Akademischen Dienste der ETH wollen der ZS zukünftig Adressen der Technischen Hochschule nicht mehr zustellen. Die ZS droht damit in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Der Medienverein kämpft um Unterstützung in der Studierendenschaft.

Aus heiterem Himmel erreichte die Zürcher Studierendenzeitung ein Schreiben der Akademischen Dienste der ETH, in welchem die Hochschule ankündigt, künftig die Adressen von rund einem Drittel der Studierendenschaft der ETH der ZS nicht mehr zukommen zu lassen. Die Abmachung zur Weitergabe von Adressen besteht seit der Neulancierung der Zürcher Studierendenzeitung in der heutigen Form im Jahr 2007.

Die ETH geht grundsätzlich sehr strikt mit ihrer Adressvergabe um. Die Adressen, welche die ZS erhält, sind von denjenigen Studierenden, die bei der Semestereinschreibung zustimmen, dass ihre Daten von der ETH für bestimmte Zwecke weiterverwendet werden dürfen. Die knapp 7'000 Adressen machen rund einen Drittel der Studierenden der ETH und etwa zwanzig Prozent der Gesamtauflage der ZS aus, die darüber hinaus alle Studierenden und Doktorierenden der Universität Zürich erreicht. Der Deal mit der ETH ist einzigartig, da diese sonst die Adressen nur für interne Zwecke verwendet oder einmalig verkauft. Die Adressen sind für die ZS jedoch essentiell, da sie auf dem Werbemarkt sehr wertvoll sind.

Hand geboten

Konkret sind der VSETH und die Akademischen Dienste über den Modus der Adressvergabe unzufrieden. Kritisiert wird, dass die Studierenden keine Möglichkeit haben, die ZS abzubestellen. Das ist heute in der Tat so. In einem von der ZS angeregten Gespräch mit dem VSETH-Präsident und dem Leiter der Akademischen Dienste der ETH bot die Redaktion Hand zu einer Lösung. Konkret sollen nach diesem Vorschlag Abbestellungen zukünftig bei der ZS vorgenommen werden können. Im Gespräch konnte der Präsident des VSETH überzeugt werden, dass in den Fachschaften noch einmal die breitere Meinung zur ZS eingeholt wird. Das Resultat könnte jedoch dazu führen, dass die ZS die Adressen definitiv verliert. Als Ersatz bietet die ETH die Verwendung der Emailadressen zur Bewerbung der Studierenden einmal pro Jahr. Damit würde sich aber realistischerweise nie eine vergleichbare Reichweite einstellen, die Auflage der ZS würde einbrechen. Mit ungewissen Konsequenzen für die Finanzierung des ganzen Blatts.

Harter Markt

Die ZS kämpft in einem harten Business. Viele Firmen ziehen sich aus der Printwerbung zurück, das Gesamtbudget sinkt. Dennoch hat die Zeitung in den letzten Jahren die schwierige Balance zwischen Auflage und Werbeeinnahmen geschafft und sich so als die einzige unabhängige Stimme an den Hochschulen etablieren können. Dies, ohne dass die Engagierten an ihrem Herzensprojekt auch nur einen Rappen verdienen würden: Sie arbeiten alle unentgeltlich. Das Geld aus den Werbeeinnahmen, von einem Student durch die Zentralstelle der Studierendenschaft Universität Zürich (ZSUZ) eingenommen, fliesst vollumfänglich in die Produktion der Zeitung, welche in einer kleinen Druckerei im Emmental gedruckt wird.

Die ZS verstand sich schon seit der Gründung 1923 immer als Zeitung für beide Hochschulen in Zürich. In etlichen Artikeln befasst sich die Redaktion auch aktuell immer wieder mit ETH-Startups, neuen Projekten der ETH, Podien oder Missständen in den einzelnen Departementen. Während des grössten Teils ihrer Geschichte war die ZS (oder der Zürcher Student, die Zürcher StudentIn) mit den Verbänden der Studierenden der ETH und Uni eng verbandelt, war offizielles Organ der Studierendenvertretungen. Dies führte zu einer engen Anbindung der Zeitung an die Vertretungen, und nicht zuletzt immer wieder zu Verwerfungen und finanziellen Nöten. 1992 gründete schliesslich der VSETH sein eigenes Organ, das Polykum. Die ZS trennte sich später auch vom Verband der Unistudierenden, wird heute vom Medienverein herausgegeben und ist auch unabhängig vom VSUZH.

Unabhängig für beide Hochschulen

Diese Unabhängigkeit ist essentiell für die kritische, engagierte Berichterstattung an den Zürcher Hochschulen, wenn es etwa um Umbaupläne oder Sparmassnahmen in der Bildungspolitik geht. Aber auch dann, wenn es gilt, die eigene Studierendenvertretung zu kritisieren. Die Zeitung ist das Sprachrohr der Studierenden. Die Redaktionssitzung ist offen für alle, die ihre Anliegen in ihrem Studium in die Zeitung einbringen wollen; für alle, die selber Artikel schreiben, Bilder schiessen oder sich im Verein engagieren wollen. Für viele ist die ZS auch der erste Schritt in den Journalismus. Gestandene Journalistinnen und Journalisten wie Constantin Seibt (Tages-Anzeiger) oder die Herausgeberin des P.S., Min Li Marti, gehören dazu. Mit Schulungen und Blattkritiken wird Wissen vermittelt, in stundenlanger Freiwilligenarbeit wird an Texten, am Layout und den Bildern geschliffen. Diese Talentfabrik, dieses Sprachrohr kann nur funktionieren, wenn eine gewisse Reichweite gegeben ist. Und diese steht nun zur Diskussion. Für die ZS könnte das bedeuten, dass man mittelfristig die hohen Druckkosten für die restliche Auflage nicht mehr stemmen könnte und die einzige unabhängige Stimme an den Zürcher Hochschulen plötzlich nur noch ganz leise spricht.

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