Das Gebäude der Speicherbibliothek in Büron. Verein kooperative Speicherbibliothek Schweiz

Ein Modulbau für 14 Millionen Bücher

Seit diesem Sommer ist im Kanton Luzern die Kooperative Speicherbibliothek in Betrieb, an der auch die Hauptbibliothek der Uni Zürich und die Zentralbibliothek Zürich beteiligt sind. Die ZS hatdie Bibliothek in Büron besucht.

26. Oktober 2016

Im studentischen Leben ist der Weg zur Bibliothek eine mehr oder weniger tägliche Angelegenheit: Recherchieren, Lesen, Schreiben und zwischendurch ausgedehnte Kaffeepausen mit Freundinnen und Freunden. Durch die Routine vergessen wir manchmal, uns über so banale Dinge wie die Bibliothek, in der wir sitzen, Gedanken zu machen. Und dann staunen wir, wenn wir einen Einblick hinter die Kulissen des Alltäglichen bekommen. Zum Beispiel hinter die Kulissen der neuen Kooperativen Speicherbibliothek in Büron im Kanton Luzern, wo seit Anfang des Jahres auch die Zentralbibliothek Zürich einen Teil ihres Bestandes lagert.

Bücher im Rost

Das grün-braune Gebäude der Speicherbibliothek wurde Ende Januar 2016 eingeweiht. Braun ist es aufgrund des Rosts auf den Stahlplatten, aus denen die Gebäudehülle besteht. Das Material wurde unter anderem gewählt, damit sich bei einem späteren Ausbau der Bibliothek die Farbe der neuen und alten Platten mit der Zeit angleicht. Dadurch soll eine homogene Ästhetik gesichert werden. Rund um das Gebäude sind nämlich 7245 Quadratmeter unbesetztes Gelände: genügend Fläche also, um den Bibliotheksbau zu erweitern, der zurzeit erst aus einem Modul besteht. Bei einem Modul handelt es sich um einen Lagerraum, der von Betonwänden umgeben ist. Darin befinden sich über 14 Meter hohe Regale, die von sechs schmalen Gassen getrennt werden. Sie haben Platz für 3.1 Millionen Bücher. Der Ausbau wird denn auch modulweise geschehen: Insgesamt könnten in Büron auf der grünen Wiese 14 Millionen Bücher und Zeitschriftenbände aufbewahrt werden.

Menschenleere Roboterhallen

Fünf grosse Schweizer Bibliotheken sind an der Kooperativen Speicherbibliothek in der Zentralschweiz beteiligt. Für die Finanzierung des Baus wurde eine Aktiengesellschaft gegründet, die die 33 Millionen für den Bau aufbrachte. Neben finanziellen Vorteilen ergibt sich aus der Kooperation auch ein logistischer Mehrwert: Für alle Partnerbibliotheken zusammen wird jeweils nur eine Kopie eines Buches oder einer Zeitschrift aufbewahrt. «Das spart 30 bis 40 Prozent an Platz», erklärt Märki. Die Zentralbibliothek Zürich beteiligt sich eben aus Platznot am Projekt (siehe ZS #5/16). Sie liefert der Speicherbibliothek den grössten Bestand an Büchern und Zeitschriften. Ein Kurier fährt mehrmals täglich zwischen den Bibliotheken und liefert Bestellungen ab oder bringt Bücher in die Speicherbibliothek zurück. Dies gilt jedoch nur für Bücher: Zeitschriftenbände können aus Büron nicht mehr ausgeliehen werden.

Die Bücher finden den Weg aus dem Innern der Hallen in einem automatisierten Prozess: Die Speicherbibliothek ist ein kleines technisches Wunder. Roboter übernehmen die Aufgabe von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, die zuständig sind für das Holen und Versorgen der Bände in den Regalen. Wird ein Auftrag im System ausgelöst, legt ein Roboter die Bestellung auf ein Fliessband. Auf diesem Fliessband verlässt das Buch dann das Modul. Im Lager kann man sich für längere Zeit nur mit einer speziellen Ausrüstung aufhalten, da der Sauerstoffgehalt darin stetig auf 13.3 Volumenprozent gesenkt wird (normalerweise liegt er bei etwa 21 Prozent). Dafür pumpt die Sauerstoffreduktionsanlage Stickstoff in das Lager. Ein Feuer kann somit unmöglich ausbrechen, was auch vom Personal selber getestet wurde, wie der Geschäftsführer der Speicherbibliothek Mike Märki berichtet. Die Luftfeuchtigkeit in den Modulen wird zudem konstant auf 45 Prozent gehalten. Durch ausgeklügelte Technik entstehen auf diese Weise ideale Bedingungen – nicht für Menschen, sondern für die gelagerten Bücher und Zeitschriften.

Einen Besuch wert

Ausserhalb des Moduls gibt es aber Raum für die Bibliotheksnutzerinnen und –nutzer: Einen Leseraum mit grossen Tischen, wo man bequem für einige Stunden arbeiten kann. Zum Beispiel dann, wenn Zeitschriften in physischer Form für die Recherche benötigt werden. Ein Besuch im grün-braunen Modulbau im Luzernischen empfiehlt sich aber auch für alle, die bei einer kurzen Besichtigung mal wieder über das im Alltag Verborgene staunen möchte.