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Studieren in Israel: Geben und Erhalten

Zugang zu höherer Bildung ist nicht selbstverständlich. Vor allem in einem Land, in dem die sozialen Gegensätze stark sind. Gedanken einer Redaktorin der Studierendenzeitung «Teza» aus Tel Aviv.

Shelly Wilner (Text) und Nina Kunz (Übersetzung)
31. Mai 2016

Geben bedeutet, im sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben involviert zu sein. An Hochschulen sollten nicht nur Ärztinnen und Anwälte herangezüchtet werden, sondern auch reflektierte, moralische und soziale Bürgerinnen und Bürger. «The Monitor» ist Projekt, welches verfolgen, wie Volksentscheide umgesetzt werden. Studierende unterschiedlicher Fakultäten helfen bei der Beurteilung mit – im Gegenzug erhalten sie Stipendien.

Erhalten bedeutet, dass man als Studentin unabhängig von race, gender oder Religion zu finanzieller und sozialer Unterstützung berechtigt ist. Unsere Regierung und zahlreiche Non-Profit-Organisationen vergeben Stipendien und Unterstützungsgelder an Studierende, die selbst bereit sind, zu geben.

Geben heisst, dass man seinen gesellschaftlichen Beitrag leistet. «Oniversita Baam» bedeutet so viel wie «Universität der Leute»: Es ist ein nationales Projekt, in welchem Studierende selbst Vorlesungen halten und so ihr Wissen an Menschen weitergeben, die keinen Zugang zu höherer Bildung erhalten. Sie sollen dazu motiviert werden, selbst studieren zu gehen und ihren Horizont zu erweitern. Als «Gegenleistung» für ihr Engagement erhalten die Studierenden ECTS-Punkte. Die Resultate des Programms sind grossartig – und die Verbindungen zwischen den Studierenden und ihren Studierenden können nicht mehr gekappt werden.

Erhalten heisst, dass auch Menschen aus der Peripherie an höhere Bildungsinstitutionen zugelassen werden. Die Armee, zum Beispiel, gibt jungen Soldatinnen und Soldaten die Möglichkeit, auf ihre Kosten einen Abschluss zu machen – als Gegenleistung arbeiten sie einfach drei zusätliche Jahre in der Armee. So haben diese jungen Rekrutinnen und Rekruten nach ihrem Militärdienst nicht nur einen Abschluss, sondern auch praktische Erfahrunge– und damit einen grossen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt.

Erhalten bedeutet schliesslich auch, die Möglichkeit zu haben, nahe bei der Universität zu leben und einen komfortablen Alltag zu führen. Viele Bildungsinstitutionen bieten günstige Wohnmöglichkeiten in Studierendenheimen an. Bei der Vergabe zahlreicher günstiger haben Studierende Priorität.

Ich mache als Studentin in Israel weitaus reichere Erfahrungen als nur im Studium selbst. Man erhält die Möglichkeit, unter fairen Umständen zu studieren – und etwas an die Gesellschaft zurückzugeben. Für mich sind die Aktivitäten ausserhalb der Curriculums weit wichtiger als die Seminare!

Shelly Wilner ist Redaktorin bei der Studierendenzeitung «Teza» an der Tel Aviv University, wo sie Jus studiert.

Lies auch diesen Artikel der «Teza» aus dem Thema der Ausgabe #3/16:

Gegen die Gas-Tycoons: Wie eine Gruppe Studierender die Privatisierung des Erdgases in Israel verhinderte.