Anrufe werden nur unter der Woche entgegengenommen. zvg

Erzähl uns deine Sorgen!

Die «Nightline» ist das einzige von Studierenden geführte Sorgentelefon der Schweiz. Wie es funktioniert – und warum so wenig über die Organisation bekannt ist.

31. Mai 2016

Wäre das nicht schön: Manchmal jemanden zu haben, der einfach nur zuhört – ohne zu werten, ohne zu kommentieren. Doch die «Mamis» tendieren dazu, gut gemeinte Ratschläge zu verteilen und die Kumpels versuchen stets, einen aufzumuntern. Anders ist das beim studentischen Sorgentelefon «Nightline».

Der Seelsorge-Service wurde 2005 vom VSETH gegründet und tut genau das: Zuhören. Seit zwei Jahren gibt es zusätzlich auch einen Mailservice. Die «Nightlinerinnen» und «Nightliner» sind selbst Studierende und arbeiten ehrenamtlich. Die Institution selbst wird als Kommission des VSETH aber finanziell unterstützt (unter anderem auch vom VSUZH). Die «Nightline» ist die einzige Telefonseelsorge in der Schweiz, die einen Service nach dem System «von Studierenden für Studierende» anbietet. Etwa dreissig Personen aus verschiedenen Fachrichtungen stellen regelmässig ihr offenes Ohr zur Verfügung. Wer diese Helferinnen und Helfer sind, ist jedoch ein Geheimnis.

Das Telefon ist nur unter der Woche von 20 bis 24 Uhr erreichbar – dies aus praktischen Gründen. «Meistens kommen spät abends ohnehin nur wenige Anrufe rein», sagt «Nightline»-Präsidentin Catherine Irniger. Mailen könne man jedoch immer, auch wenn erst während den Schichtzeiten geantwortet werde.

Im Notfall zur Fachstelle

«Wir sind wie eine Studierendenversion der Dargebotenen Hand», erklärt Irniger weiter. Die neuen Freiwilligen würden an einer zweitägigen Schulungen lernen, wie man aktiv zuhört und wie man non-direktive Gespräche leitet – oder kurz: wie Hilfe zur Selbsthilfe funktioniert. «Man kann die Anrufenden auch zum Reflektieren anregen, ohne ihnen zu sagen, was sie konkret machen sollen», meint Vizepräsidentin Friederike Gehri. In Notfällen empfählen sie den Anrufenden aber dennoch, sich bei Fachstellen zu melden.

Es drängt sich jedoch die Frage auf, weshalb Studierende auf die kostenpflichtige «Nightline» zurückgreifen sollten, wenn es auch professionelle Gratisangebote wie die «Psychologische Beratungsstelle» der Universität oder Sorgentelefone mit ausgebildeten Therapeutinnen und Therapeuten wie eben die «Dargebotene Hand» gibt? Für Präsidentin Irniger ist klar: «Wir von der Nightline sind mit den Studierenden auf Augenhöhe und kennen die Studienprobleme aus eigener Erfahrung.» Nur wegen der Uni rufe allerdings nur selten jemand an.

Top Secret!

Die beidseitige Anonymität von Anrufenden und Zuhörenden ist bei der «Nightline» oberstes Gebot. Bereits an der Schulung unterschreiben die Mitarbeitenden einen Vertrag, in dem sie sich zur Geheimhaltung der Inhalte von Mail und Telefon, aber auch vom Büro-Standort, verpflichten. Dies sei vor allem zum Schutz der Mitarbeitenden, sagt Vize-Präsidentin Gehri. Daher sei auch nur der Vorstand öffentlich bekannt. Wer effektiv Schichten übernimmt, wisse niemand ausserhalb der Institution so genau.

Vertraulichkeit scheint bei der «Nightline» auch sonst einen hohen Stellenwert zu haben – etwas zum Leide der journalistischen Arbeit. Auf Nachfragen äussern sich Irniger und Gehri verhalten. Vieles müsse geheim bleiben. Mit welchen Problemen die Studierenden am meisten zu ihnen kommen? Keine Antwort. Dauer der Anrufe? Unterschiedlich. Auffälligkeiten in Alter, Geschlecht, Studienrichtung der Hilfesuchenden? Unbekannt. Anzahl Anrufe pro Nacht? No comment. Wer beim Sorgentelefon Hilfe sucht, muss sich auf jeden Fall keine Sorgen um die Anonymität machen.

Mehr Informationen unter: https://www.nightline.ch oder 044 633 77 77