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Ländliche lesbische Liebe

Paris, 1971. Delphine entflieht dem Bauernhof ihrer Eltern und dem Liebeskummer. Es zieht sie vom ländlichen Südfrankreich in die turbulente Hauptstadt. Ihr neuer Alltag wird dort aber schnell durcheinander gebracht durch Carole, eine Frauenrechtsaktivistin, und ihre clichéartige Frauenbande, die sie zufällig auf der Strasse trifft.

Blitzartig verwandelt sich der urchige Bauernsprössling in eine wagemutige Vorkämpferin, die keine Hemmungen hat, Abtreibungskritiker mit ein paar Kalbslungen zu bewerfen. Grund für diese Metamorphose sind aber weniger ihre politischen Überzeugungen, als die blühende Beziehung zwischen ihr und Carole. Allmählich kommen sich die beiden immer näher und vernachlässigen dafür ihr Engagement. Was als politischer Film begonnen hat, wird zur Liebesgeschichte. Doch dies kommt dem Film sehr zugute.

Als dann Delphines Vater beinahe einem Infarkt erliegt und nicht mehr fähig ist, sich um den Hof zu kümmern, muss sie einen Entschluss fassen. Sie verlässt Paris und nimmt ihre Partnerin gleich mit, um der allein gelassenen Mutter zu helfen. Doch die Rückkehr in diese rückständige Gesellschaft wird für beide zur Zerreissprobe.

Die Hauptdarstellerinnen Izïa Higelin und Cécile de France verleihen dem Film viel Lebendigkeit und Intensität. Die zweite Hälfte, die den Fokus auf ihre Beziehung legt, ist somit auch die gelungenere. Sogar die Liebeszenen wirken nicht übertrieben oder falsch. Leider aber braucht es einige Zeit, bis man realisiert, wohin dieser Film will: La belle saison thematisiert die Forderungen und den Kampf der Frauen für mehr Freiheiten in den 70ern. Man spürt, wie ein ganzer Teil der Gesellschaft in hellem Aufruhr war. Die Heldinnen selbst aber scheitern, ihr privates Leben in Einklang mit ihren politischen Ansprüchen zu bringen. Der Film ist überzeugend, hilft, sich ein Bild der Epoche zu machen und sich die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte vor Augen zu führen.

Cathrine Corsini: „La belle saison – Eine Sommerliebe“. Mit Izïa Higelin und Cécile de France. Kinostart: 13. Mai 2016.