Redaktion

Grosser Streit um kleine Fächer

An der Philosophischen Fakultät werden die kleinen Haupt- und Nebenfächer gestrichen. Damit sind nicht alle einverstanden.

10. Mai 2016

Die Befürchtung ist wahr geworden: An der Philosophischen Fakultät (PhF) werden die kleinen Nebenfächer und die kleinen Hauptfächer abgeschafft. Das bedeutet, dass es im Bachelor nicht mehr möglich sein wird, zwei Hauptfächer à 90 ECTS-Punkte zu belegen, sondern nur noch eines à 120. Die Wahlfreiheit für Studierende wird damit eingeschränkt.

Die Änderungen betreffen nebst der Bachelor- auch die Masterstufe, wie Dekan Andreas Jucker am 25. April mitteilte. Begründet werden diese Schritte mit der Angleichung an internationale Standards. Es sei üblich, dass bloss in einem Haupt- und einem Nebenfach abgeschlossen wird. Zudem habe eine Umfrage gezeigt, dass «die Studierenden mit unseren Strukturen weniger zufrieden sind als jene an anderen Schweizer Universitäten», erklärt Jucker. «Das kann uns nicht egal sein.»

Kleine Fächer unter Druck

Christoph Riedweg, Professor für klassische Philologie, steht der gesamten Reform «dezidiert negativ» gegenüber. Auf Anfrage sagt er, sie bedeute einen Verlust an gelebter Interdisziplinarität. Ausserdem könne die Abschaffung des kleinen Nebenfachs in kleineren Fächern zu einem Verlust von bis zu einem Drittel der Studierenden führen. Und das wiege schwer: «Die kleinen Fächer machen zusammen immerhin 30% der Philosophischen Fakultät aus und tragen entscheiden zur einzigartigen disziplinären Vielfalt unserer Universität bei.» Wenn man wisse, welchen Stellenwert der Head-Count in der aktuellen Universitätspolitik hat, könne man die Langzeitfolgen leicht abschätzen, meint Riedweg.

Dekan Jucker sieht das anders. Durch die Umstrukturierung würden kleinere Fächer langfristig gar geschützt und gestärkt, argumentiert er: «In Zeiten des Spardrucks sind die kleinen Fächer deutlich stärker gefährdet als solche, die als obligatorische Elemente in grössere Programmen eingebettet sind. Da Erstere mit geringer Ausstattung versuchen müssen, eigene Programme anzubieten.»

Widersprüche

Jucker betont, dass die Beschlüsse in allen Gremien mit «grosser Mehrheit» gefällt worden seien. Hört man sich unter Professorinnen und Professoren um, klingt es freilich etwas anders: Nachdem dieselbe Reform vor sechs Jahren auf demokratischem Weg gescheitert sei, habe man diesmal den Top-down-Weg gewählt und die Fakultätsversammlung erst in einem zweiten Schritt mit einbezogen.

Skepsis äussert auch die Studentin Stephanie Grob von der KriPo. Der unipolitische Verein sieht in der Abschaffung der Nebenfächer einen Autonomieverlust der Studierenden und eine qualitative Verschlechterung des Lehrangebots. Grob sieht nicht ein, wieso nicht früher mit der Studierendenschaft kommuniziert wurde. Zudem ist sie irritiert, dass sich Studiendekan Müller Nielaba noch vor einem halben Jahr (ZS #5/15) klar gegen breitere Studiengänge ausgesprochen und diese als «Unfug» abgetan hat. Genau eine solche Entwicklung sei mit der Abschaffung der kleinen Nebenfächer nun aber angestossen worden. «Was soll man da noch glauben?», fragt sich Grob.

Rektor Hengartner relativiert die allgemeine Erregung. «Die gleiche Diskussion haben wir auch immer wieder, wenn Institute fusionieren. Auch da hat man sofort das Gefühl, dass abgeschafft und gespart werden soll. Nichts von beidem tritt jeweils ein.»

Versteckte Sparmassnahme?

Ausser der Philosophischen streicht aber keine andere Fakultät ihre kleinen Nebenfächer. Die Wirtschaftswissenschaften wollen – im Gegenteil – diese gerade einführen, während die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer ihre Struktur beibehalten – mit kleinen Nebenfächern. Dies bestätigten die entsprechenden Dekanate. Spürt nur die PhF die negativen Seiten der Bologna-Reform?

Den Eindruck, dass nur in den Geisteswissenschaften gespart werde, kommentierte Hengartner mit der Bemerkung: «Es werden da alte Zöpfe abgeschnitten, wo sie abgeschnitten werden dürfen.» Zum Vorwurf, die Abschaffung der kleinen Nebenfächer sei eine versteckte Sparmassnahme auf Kosten der Wahlfreiheit der Studierenden und der kleineren Fachrichtungen, sagt er: «Ich habe nicht das Gefühl, dass mit der Umstrukturierung auch nur ein Rappen gespart werden kann. Das ist auch nicht das Ziel.»