Oliver Camenzind

Die Freizeitoffiziere

Der Offiziersverein macht sich an der Uni für die Armee stark. Ihr Engagement wollen sie sich mit ECTS anrechnen lassen.

10. Mai 2016

«Wer einen Krieg gewinnen will, muss sich der Macht der Information bewusst werden», referiert Samuel Cook, ehemaliger Major der US-amerikanischen Armee und Irak-Veteran, an einem Mittwochabend, den man gut auch draussen hätte verbringen können. Der Vortrag findet in einem Hörsaal der ETH statt, der nur etwa zu einem Drittel gefüllt ist.

Um die Ausführungen zum Thema «Warfare in the digital age» zu hören, sind rund 30 junge Männer und etwa eine Handvoll Frauen erschienen, zum grössten Teil Mitglieder des Offiziersvereins Of @ Campus ZH, der den Anlass auch organisiert hat. Wer jetzt an Kraftprotze und wichtigtuerische Schreihälse denkt, könnte allerdings falscher nicht liegen: Alles in allem geben die Zuhörerinnen und Zuhörer, wie sie in dem grossen Saal den strategischen Überlegungen und Anekdoten des Referenten lauschen, ein Bild ab, das eher jenem einer braven Schulklasse gleicht.

«Als Offizier interessieren mich sicherheitspolitische Themen genauso wie die Erfahrungen anderer Offiziere», sagt Vereinspräsident Leutnant Sandro Vattioni. Und beschreibt damit auch gleich zwei der Kernziele des Vereins: Der 2004 gegründete Of @ Campus ZH hat es sich zur Aufgabe gemacht, einerseits Offiziere zusammenzubringen und andererseits an der Universität ein breiteres Bewusstsein für Sicherheitsfragen zu schaffen. Denn «Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas, über das man sich Gedanken machen und um das man sich kümmern muss», meint Sandro.

Stammtisch und RUAG

Nach immer wiederkehrenden Debatten über die Abschaffung der gesamten Armee und einer vermeintlichen Abkehr von althergebrachten Institutionen ist es überraschend, dass es immerhin 115 Mitgliedern ein Bedürfnis zu sein scheint, über Militär- und Sicherheitspolitik zu reden.

Doch Sandro protestiert: «Wir sind ein Freizeitverein und treffen uns als Freunde, nicht als Dienstkollegen.» Kameradschaft ist den Mitgliedern mindestens so wichtig die thematischen Debatten. Deshalb treffen sie sich regelmässig am Stammtisch, verbringen einen gemeinsamen Skitag und machen auch hin und wieder einen anderen Ausflug zusammen. Etwa zu einer Besichtigung der Raumfahrtabteilung des Rüstungskonzerns RUAG.

Widersprüche zwischen zivilen und militärischen Strukturen sieht Sandro indessen keine. Im Gegenteil, er versteht das Militär auch als Ausbildungsstätte, die ihm vieles vermittelt habe, das ihm auch im Alltag von Vorteil sei: «Menschen situationsgerecht führen, Kameradschaft aufbauen und Entscheidungen fällen.» Nicht zuletzt deswegen sähen es Sandro und seine Freunde gerne, wenn man sich für die Führungsausbildung während der Dienstzeit auch in Zürich ECTS-Punkte anrechnen lassen könnte, wie es etwa an der HSG schon möglich ist.

Scheitern verhindern

Einen denkwürdigen Satz äussert der Referent gegen Ende seines Vortrags: «Militärische Konflikte entstehen, wenn die Politik scheitert.» Statt mit militärischen Angelegenheiten würde man sich da vielleicht besser mit der Frage befassen, was zu tun ist, um das Scheitern der Politik zu verhindern. Doch das ist – mit Sicherheit – eine sogenannte Ansichtssache, über die sich streiten liesse.