Migros bekämpft Imbissläden
Der «Punto Italiano» bei der Zentralbibliothek wehrt sich gegen den orangen Riesen.
Es ist ein hartes Pflaster vor den Türen der Zentralbibliothek. Nicht für die parkplatzsuchenden Studierenden, sondern für zahlreiche Imbissläden rund um die Lernfabrik am Zähringerplatz. Diese stehen nämlich seit einigen Jahren im Schatten der Migros-Express Filiale, die seit Eröffnung das Ziel verfolgt, ihre kleine Konkurrenz in der Umgebung aus der Welt zu schaffen.
Schon kurz nach der Eröffnung vor sechs Jahren soll die Fillialleitung des orangen Riesen den umliegenden Sandwichläden Besuche abgestattet und den Ladenbesitzern Stellen im neuen Migros Express angeboten haben, wie Quellen der ZS berichten. Unter der Bedingung, den eigenen Laden zu schliessen, also die über Jahre mit Mühsal aufrecht erhaltene Existenz mal so eben aufzugeben.
Gewerbepolizei am Hals
Michele liess sich davon offenbar nicht einschüchtern. Der Besitzer des «Punto Italiano» verkauft seit gut 20 Jahren vis-à-vis der Predigerkirche Piadinas und andere italienische Spezialitäten. Früher tat er dies zu zweit, heute aus finanziellen Gründen nur noch alleine. «Jeder Tag ist ein Kampf um Kunden. Seit die Migros ihre Filiale nebenan eröffnet hat, besuchen viel weniger Studierende meinen Laden. Doch senken kann ich meine Preise nicht mehr, wenn ich hier überleben will.»
Preispolitik ist aber nicht das einzige Problem. Immer wieder gibt es pingelige Kontrollen der Gewerbepolizei. Diese büsste ihn einst mit 300 Franken, weil ein Freund den bezahlten Espresso im Ladeninnern anstatt draussen getrunken hatte. Da Michele für seine Kunden kein WC anbieten kann, ist jeglicher Konsum im Laden verboten, egal ob es draussen stürmt oder hagelt.
Mit dem Gefühl, schikaniert zu werden, fragte Michele, ob man denn bei einer Lappalie wie dem Espresso-Fall nicht ein Auge zudrücken könne. Doch die Gewerbepolizistin hielt es für unmöglich, Kulanz zu zeigen. Ihr Argument: In Micheles Nachbarschaft gebe es offenbar missgünstige Mitstreiter, die Meldung gemacht hätten. Um wen es sich genau handelte, erfuhr er nicht. Auf Anfrage teilt die Gewerbepolizei mit, dass dazu keine Auskunft gegeben werden könne.
Harte Zeiten
Wer könnte also diesem kleinen Geschäft schaden wollen? Fragt man sich durch die Nachbarschaft, so wirkt die Beziehung zwischen den etlichen Anbietern sehr freundschaftlich. Nur über die Migros fällt nirgends ein lobendes Wort. Im Gegenteil: Der Besitzer eines Sandwichladens um die Ecke, der jedoch nicht genannt werden will, spricht von Rezeptklau: Mitarbeiter des «Deli», ein Tochterunternehmen der Migros, ebenfalls aus dem Niederdorf, seien bei ihm zu Besuch gekommen, um sich umzuschauen. Seither hätten sie eins zu eins abgeschaute Produkte im Angebot.
Die Migros will zu den Vorwürfen keine Stellung beziehen. Doch die Machtverhältnisse sind klar und werden bald noch zu Gunsten des Grossverteilers verschoben. Im ehemaligen Companys Kleiderladen an der Niederdorfstrasse soll nämlich in naher Zukunft die Migros-Tochtergesellschaft Denner eine weitere Filiale eröffnen. Michele und seinen unabhängigen Kollegen steht im Kampf gegen Discounterpreise eine härtere Zeit denn je bevor.