Marie von Seeler und Jana Bersorger

Jutebeutel für die Fairness

Informative Plakate, bunte Broschüren und zahlreiche helfende Hände: Am 24. Februar fand der Equal Pay Day (EPD) statt, welcher auf die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern hinweisen soll. Ein studentisches Organisationskomitee hat dafür gesorgt, dass dieser Aktionstag auch an der Universität Zürich und der ETH für Aufmerksamkeit sorgte.

Einen Vormittag lang wurde an der Rämistrasse, auf dem Hönggerberg und am Irchel allerlei verteilt. Mitglieder des Organisationskomitees, Mitarbeitende der Gleichstellungskommission der Uni und freiwillige Helferinnen und Helfer drückten den Leuten verschiedene Flyer zur Lohn-Thematik, Notizzettel mit Equal-Pay-Day-Logo und Jutebeutel in die Hand – eigens für den Tag bedruckt und gestaltet. Viele der Angesprochenen liessen sich gerne eine Broschüre mitgeben, andere winkten direkt ab, negative Reaktionen gab es kaum. Wieso auch? Kaum jemand findet ja heute noch schlechtere Löhne für Frauen gerechtfertigt.

Und trotzdem hält sich die Ungleichbezahlung hartnäckig, wie die kleine Broschüre des EPD-Organisationskomitees erklärt: Der durchschnittliche Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt immer noch rund 15 Prozent. Im Kaderbereich ist diese «Gender Gap» meist noch deutlicher ausgeprägt. Den Aktionstag auch an der Uni abzuhalten, wo heute die Führungspersonen von morgen studieren, ist also durchaus sinnvoll. Und die Reaktionen der Passantinnen und Passanten machten klar, dass die Forderung nach Lohngleichstellung an den Hochschulen auf offene Ohren stösst: Viele Leute hakten nach und stellten ganz konkrete Fragen. Etwa, welche Berufsgattungen hiervon besonders stark betroffen seien: Studentinnen der Universität Zürich können in sozialwissenschaftlichen Berufen einen minimen Lohnunterschied von einem Prozent erwarten, nach einem Medizinstudium werden sie aber ganze 21 Prozent weniger verdienen.

Erstaunte Männer

Lina Walti, Mitglied des studentischen Organisationskomitees, ist oft gerührt von der Dankbarkeit für ihr freiwilliges Engagement. Diese sei bei vielen Studierenden spürbar, sagt Walti. «Das ist großartig und zeigt uns, dass wir auf die richtige Art Bedürfnisse und Probleme ansprechen. Wir sind stolz, es dieses Jahr wieder geschafft zu haben.» Besonders Frauen der älteren Generation, welche schon eingehendere Erfahrungen im Berufsleben sammeln konnten, schien das Thema am Herzen zu liegen. Eine Frau zeigte sich etwa persönlich betroffen. «Ich komme aus der naturwissenschaftlichen Branche», erzählte sie. «Und ich war selbst immer wieder mit ungleichen Löhnen für Frauen und Männer konfrontiert».

Grundsätzlich waren die Frauen interessierter an den Informationen im Jutebeutel als die Männer – kein Wunder, sie sind ja auch die Betroffenen. Aber müssten nicht gerade die Männer für das Thema sensibilisiert werden? Müsste man nicht vor allem auch die zukünftigen Chefs – realistisch betrachtet werden wohl auch in den nächsten Jahren noch deutlich mehr Männer in den Chefetagen zu finden sein als Frauen – mit in den Ring holen im Kampf gegen Lohndiskriminierung? Bei vielen der männlichen Chefs der Zukunft herrschte denn auch grosses Erstaunen: «Oh, krass, die Frauen verdienen wirklich so viel weniger?». Das ist ein Zeichen dafür, dass durchaus noch Aufklärungsbedarf besteht. Aber auch dafür, dass dieses Anliegen bei Männern doch auf offene Ohren stösst – sofern auch sie informiert werden.

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