Editorial #1/16

Editorial

26. Februar 2016

Glauben, und lieben — Steht auf der Bibel, die ich zur Konfirmation bekommen habe. Reingeschaut habe ich selten. Mit dem pathetischen Titel bin ich nie warm geworden und das Komma im Titel hat mich als Spätpubertierenden genervt. Ausgetreten aus der Kirche bin ich dann auch irgendwann. Seither habe ich mir mein eigenes agnostisches Weltbild aus wissenschaftlichen Verschnitten gezimmert. Doch der Glaube und die Liebe sind nicht verschwunden: Ich glaube an meine Freunde, meine Familie, an diese Zeitung; dass das gut ist. Und ich liebe es, mit ihnen allen in dieser Welt zu leben. So kaputt sie auch ist.

Schliesslich bleibt uns nur diese Welt. An ihr verzweifeln manche und gehen daran zugrunde.Andere grenzen sich ab und kategorisieren Menschen, um endlich wieder Ordnung herzustellen; verbreiten Angst und Hass.

Ich will mich zur dritten Gruppe zählen. Jenen, die diese Welt wertschätzen und an das Gute glauben. Und ich glaube, dass das einzige Kraut, das der (selbst-)zerstörerischen Haltung zum Leben gewachsen ist, die Liebe ist. Weil sie Menschen dazu bringt, sich um etwas Anderes zu kümmern als sich selbst. Lieben, und glauben. Also doch! Der Agnostiker in mir windet sich und fühlt sich von meinem inneren Kryptochristen übertölpelt.

Doch lese ich von Pfarrer Niklaus Peters Verhältnis zur Wissenschaft (S. 20), werde ich versöhnlich gestimmt. Höre ich Kijan Espahangizi zu (S. 10), habe ich Hoffnung. Lese ich den Spezial-Senf der Redaktion zur SVP-Hassinitiative (S. 13), glaube ich: Es gibt noch Liebe in diesem Land.

Michael Kuratli, Redaktionsleiter