Buchhandlung Calligramme: Bald ein Bild der Vergangenheit? Eike von Lindern

Vom Aussterben bedroht

Noch gibt es sie, die lokalen Buchhandlungen. Ihre Zukunft hängt auch von den Studierenden ab.

25. November 2015

«Das alte Problem mit der Online-Konkurrenz», seufzt Helene Lehmann, die Besitzerin von Calligramme, einem kleinen Buchladen im Niederdorf. Dabei zündet sie sich eine Zigarette an. Der Rauch verteilt sich in der kleinen Buchhandlung, was dem Raum einen einzigartigen Charme verleiht. So ein Ambiente sorge bei ihr für nostalgische Gefühle, sagt Melina, die im 3. Semester Geschichte studiert. Deswegen halte sie sich oft und gern in kleinen Buchhandlungen auf. Trotz einiger treuer Kundinnen und Kunden sieht die Zukunftsperspektive für lokale Buchläden nicht rosig aus – das Seufzen von Lehmann kommt also nicht von ungefähr.

Schleichende Schliessungen

Christine Heiniger ist Mitbegründerin und Mitinhaberin der seit 1989 bestehenden Buchhandlung KLIO. Auch sie meint, dass sich die Lage in den letzten zehn Jahren verschlechtert habe. Es hätten schon einige fachspezifische Buchhandlungen ihre Pforten schliessen müssen. Der stetige Umsatzrückgang sei hauptsächlich der Konkurrenz durch Internetanbieter geschuldet. Die Anfang dieses Jahres beschlossene Aufhebung des Euro-Mindestkurses komme noch hinzu. Diese habe nicht nur die Export- und Tourismusbranche, sondern auch den Detailhandel getroffen. Bücher von ausländischen Internetanbietern seien dadurch im Vergleich zu den Schweizer Bücherpreisen noch billiger geworden.

Der günstigere Preis scheint auch der Hauptgrund der zunehmenden Online-Bestellungen zu sein. So besorgt sich auch Nico, Veterinärmedizinstudent im dritten Semester, seine Bücher im Internet. Der Preis sei einfach viel niedriger, und als Student müsse man halt auf sein Budget achten. Das Buch «Anatomie der Haussäugetiere» kostete ihn bei Amazon umgerechnet circa 173 Franken. Im ZSUZ-Laden hätte er trotz 10 % Rabatt rund 200 Franken bezahlen müssen.

Online nicht zwingend billiger

Doch ist der Preisunterschied wirklich bei allen Büchern so gross? Die «Einführung in die Policy-Analyse» zum Beispiel kostet bei KLIO 30 Franken, bei Amazon umgerechnet circa 27 Franken. Ein marginaler Unterschied von 3 Franken. «Natürlich können wir preistechnisch nicht ganz mit Amazon mithalten, aber wir versuchen trotzdem so weit wie möglich, mit unseren Preisen dranzubleiben», erklärt KLIO-Mithinhaberin Heiniger.

Neben dem Argument des Preises ist es natürlich auch bequemer, zuhause im Pyjama einen Artikel per Mausklick in den Warenkorb zu befördern. Dafür gibt es im Netz keine Pakete, die speziell für Studierende der Universität Zürich angefertigt wurden, wie man sie im ZSUZ-Laden auf dem Campus beziehen kann. Die Erstsemestrige Luisa war diesen Herbst jedenfalls dankbar für ihr Jus-Bücherpaket: «Erstens ist man anfangs mit der Literaturliste sowieso etwas überfordert, und zweitens hat sich der Kauf des Gesamtpakets auch finanziell gelohnt.»

«Es geht um die Wertschätzung», sagt die Buchhändlerin Heiniger. Dass Bücher ihren Wert – und damit auch ihren Preis – haben sollen, versucht sie ihren Kundinnen und Kunden in Gesprächen zu vermitteln. «Der stationäre Bücherhandel ist auf Unterstützung angewiesen. Die Leute müssen ihr Konsumverhalten hinterfragen, ansonsten brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn es solche Läden irgendwann nicht mehr gibt.» Wem die einzigartige Stimmung in kleinen Buchhandlungen am Herzen liegt, die oder der sollte seine Bücher dort beziehen. So hätte Frau Lehmann einen Grund weniger zum Seufzen.