Monica Danuser

Jedes Rüebli zählt

Unzählige Lebensmittel werden täglich weggeworfen. Die Jungs vom Catering «Zum guten Heinrich» gehen dagegen vor.

21. Oktober 2015

Das grellgrüne Fahrrad lässt sich nur schwer durch die Strassen trampeln – es hat einen schwarzen Holzcontainer als Hinterteil. Darauf prangt das Bild eines grünen Apfels. Es ist das Logo des Zürcher Gastronomie-Start-Ups «Zum guten Heinrich». Das Fahrrad hält an der Kalkbreite, wo der Holzcontainer zu einem Tresen aufgeklappt wird. Darüber werden verschiedene Mittagsmenüs verkauft: Linseneintopf, Omeletten gefüllt mit Mozzarella und Tomaten, eine Gemüsesuppe, ein Dessert. Alles in praktische Weck-Gläser abgefüllt, warm und zum Mitnehmen. «Bei uns ist alles so nachhaltig wie möglich. Das Besteck, das Geschirr, der Transport mit dem Fahrrad», erklärt Fabian Langsteiner. Er ist einer der vier Jungs hinter dem Start-Up. Und das Wichtigste: Es werden nur Lebensmittel verwendet, die es normalerweise nicht in den Supermarkt schaffen.

Ungefähr 30 Prozent aller Lebensmittel in der Schweiz werden heute weggeworfen. Einerseits, weil unförmige Karotten oder zu grosse Kartoffeln nicht verkauft werden, andererseits, weil Nahrungsmittel nach ihrem Ablaufdatum aus dem Regal genommen werden müssen – die Regeln diesbezüglich sind in der Schweiz strikt. Was erstaunt: Der Grossteil der unerwünschten Lebensmittel wird von privaten Haushalten und nicht von Res-taurants oder Supermärkten entsorgt. Aus diesen Gründen sind in der Schweiz bereits Trends wie Containering, aber auch andere Projekte gegen «Food Waste» entstanden. Eines von ihnen ist der «gute Heinrich».

Kein Abfall

Seit Mitte Mai widmet Fabian seine Zeit dem Catering- und Take-Out-Unternehmen. Spricht er über das Projekt, so betont er: «Wir verwenden kein Essen, das bereits weggeworfen wurde. Nur das aussortierte, das noch gut ist.» Aber kommerzielle Restaurants würden solches Gemüse nicht mehr verwenden, da es ein grösserer Aufwand wäre, es zu verarbeiten.

Vom ETH-Start-Up auf die Strasse

«Zum guten Heinrich» bestand ursprünglich aus drei Studenten, die nach einem Start-Up-Seminar der ETH auf die Idee kamen, ein Nachhaltigkeitsprojekt ins Leben zu rufen. Ihr Konzept ist einfach: Durch Partnerschaften mit diversen Bauernhöfen erhalten die Jungs Lebensmittel, die sie lokal zu Menüs verarbeiten lassen. Die fertigen Gerichte werden dann in die Stadt transportiert und dort verkauft. Unterstützt werden sie von zwei Praktikanten und einigen freien Mitarbeitern.

Die grösste Herausforderung sei es, eine Menükarte zu entwerfen, die immer anders aussieht – je nachdem, welche Lebensmittel sie gerade erhalten – und trotzdem eine konstante Auswahl an Menüs enthält. Und die Rechnung muss am Schluss aufgehen, schliesslich wollen sie ihre Reste nicht wegwerfen müssen. Lieber seien sie ausverkauft. Ist dies einmal nicht der Fall, verteilen sie ihre Menüs in der WG. «Falls wir doch mal etwas entsorgen müssen, können wir wenigstens sagen, dass es sowieso im Abfall gelandet wäre», schmunzelt Fabian.

In eineinhalb Jahren möchte Fabian den Master in Psychologie in der Tasche haben. Wie es nach dem Abschluss weitergeht, kann er noch nicht sagen. Bis dann werden die Jungs zum «guten Heinrich» mit ihrem grünen Fahrrad aber noch einige Runden in Zürich drehen und Menüs verkaufen. Aus Gemüse, das eigentlich keiner wollte und trotzdem schmeckt. Nachhaltigkeit geht hier durch den Magen.