Her mit den Fachkräften!

Die Globalisierung bestimmt den Arbeitsmarkt. Die Universitäten sind da keine Ausnahme.

21. Oktober 2015

Der «deutsche Filz» erhitzt die Gemüter. Ausländische Forschende würden dem heimischen Nachwuchs die ohnehin schon raren Plätze an der Akademie streitig machen, beklagt sich eine grosse Schweizer Partei. Doch ohne Ausländerinnen und Ausländer stünde es schlecht um die Bildungslandschaft Schweiz.

Mehr Studierende aus dem Ausland

Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Studierenden in der Schweiz um 25 Prozent erhöht. Dies hat mit der steigenden Zahl an Maturaabschlüssen zu tun, ist aber in erster Linie auf den Zuwachs an Bildungsausländerinnen und -ausländern zurückzuführen: Rund ein Viertel der knapp 144’000 Universitäts-Studierenden hat das Gymnasium nicht in der Schweiz besucht. Statistiken prognostizieren zudem, dass 2021 anderthalbmal so viele Personen aus dem Ausland hier ein Studium beginnen werden wie 2011, während die Zahl der Schweizer Studierenden stagniert.

Das bedeutet für die Universitäten, dass sie Angebot und Infrastruktur angepassen müssen, ohne dass zusätzlich Geld in die Kassen kommt. Neben diesen finanziellen Einbussen gibt es aber auch positive Effekte. Studierende aus dem Ausland würden zur kulturellen Bereicherung einer Hochschule beitragen und die interkulturellen Kompetenzen aller Hochschulangehörigen fördern, sagt Sabine Felder, stellvertretende Generalsekretärin von «swissuniversities».

Beliebte Schweiz

Während im Bachelor noch neun von zehn Studierenden aus der Schweiz sind, kommt auf der Doktoratsstufe mehr als die Hälfte aus dem Ausland. Dies ist unter anderem auf die guten finanziellen Aussichten auf der Post-Doc-Stufe zurückzuführen. So ist die Schweiz absolute Spitzenreiterin im europäischen Vergleich, was die Zahl ausländischer Forschender angeht. Rund die Hälfte aller Professorinnen und Professoren sind Nicht-Schweizer – dasselbe trifft auch für Assistierende zu. Gleichzeitig gehen Forschende aus dem Inland deutlich häufiger ins Ausland als jene anderer Staaten.

Dass gerade im Mittelbau Menschen mit verschiedensten Hintergründen arbeiten, kommt indirekt wieder den Nachwuchskräften aus der Schweiz zugute: «Diese positive Wechselwirkung zeigt sich beispielsweise darin, dass exzellente Doktoranden eine Schweizer Hochschule für herausragende Professoren attraktiv machen und diese wiederum vielversprechende Studierende anziehen», so Felder.

Fachkräftemangel

Auch der Arbeitsmarkt abseits der Akademie kommt um das Thema Bildungsmigration nicht mehr herum: «Eine prosperierende Schweizer Wirtschaft ist auf qualifizierte ausländische Arbeitskräfte angewiesen», erklärt Daniela Baumann, Projektleiterin Kommunikation vom Schweizerischen Arbeitgeberverband. 30 bis 50 Prozent der erwerbstätigen Bildungsausländerinnen und -ausländer kehren der Schweiz im ersten Jahr nach dem Abschluss den Rücken. Mit der Masseneinwanderungsinitiative vor einem Jahr hat sich der vieldiskutierte Fachkräftemangel akzentuiert. Laut Schätzungen würden der Schweiz in zehn Jahren eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen, besonders Hochschulabsolventen, so Baumann. «Gewisse gesuchte Qualifikationen sind zudem in der Schweiz mit ihrer stark diversifizierten Wirtschaft schlicht nicht verfügbar.»

Es ist wohl wahr: Ein internationaler Filz macht sich an unseren Universitäten breit – verwoben, vernetzt und für Personen ausserhalb der Akademie vielleicht schwer zu fassen. Bleibt zu hoffen, dass seine Fasern stark genug sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bildungs-Hochburg Schweiz zu erhalten.