Anna Dettwiler

Lichtblicke: Wellness-Wahnsinn

Blut spenden ist an sich schon eine gute Sache. Weshalb sie mit Kosmetika und ätherischen Ölen aufwiegen?

13. Oktober 2015

Wer wollte, konnte letzte Woche an der Uni Blut spenden. Nachdem ich bis anhin aus verschiedenen Gründen – von einem zu frivolen Lebensstil bis zu Adern, die mein Blut schlicht und einfach nicht hergeben wollten – dazu nicht geeignet gewesen war, startete ich nun einen neuen Versuch, und nachdem ich gleich bei der ersten Station einen Medizin-Lehrbuch-Blutdruck attestiert bekommen hatte, funktionierte es dieses Mal wie am Schnürchen: Fröhlich verliess mich mein gesundes Blut für immer, um weiss nicht wo weiss nicht welchen Zweck zu erfüllen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht mächtig stolz war auf meine Körperflüssigkeit.

Als ob das der positiven Gefühle nicht schon genug wäre, durfte ich mir auch noch ein Tombola-Los holen. Die beiden Betreuer freuten sich, als ich meine Nummer sagte, fast so, als hätten sie selbst gerade einen Rolls Royce gewonnen. Und dann überreichten sie mir: einen Wellness-Gutschein. Und weggeblasen war meine Euphorie. Was, ich rette mit meinem Super-Blut täglich Hunderttausenden das Leben, und dann bekomme ich einen Wellness-Gutschein?

Für alle immer gut?

Meine Reaktion verwirrt Sie? Nun, mein Unmut gründet in der Etymologie des Begriffs «Wellness». Indem man etwas «Wellness» nennt, schreibt man ihm nämlich Perfektion zu, die Tatsache, jedem auf der Welt gut zu tun. Dadurch attestiert man dem Menschen ein Universal-Empfinden dessen, was gut ist oder gut tut. Leider gehöre ich, was «Wellness» betrifft, definitiv nicht zum Mainstream: Ich mag es nicht, wenn fremde Leute meinen Körper berühren (es sei denn, sie tun es, um mir eine Nadel in den Arm zu rammen und mir deziliterweise Blut abzuluchsen), ich reagiere auf 99% der Dinge, die man als Kosmetika oder Wohlfühlprodukte bezeichnet (und Wundpflaster), allergisch und halte es für Luxus, wenn ich in einer Nacht mehr als fünf Stunden Schlaf bekomme. Nichts liegt mir also so fern, wie mich massieren zu lassen, in einem Thermalbad wohltuende Dämpfe einzuatmen oder einfach nur rumzuliegen, während die Welt sich in ihrem haarsträubenden Tempo weiterdreht.

Das muss man weder akzeptieren noch verstehen oder nachempfinden können; aber ich finde, dass der Begriff «Wellness» bemerkenswert schlecht gewählt ist. Denn es gibt sicher viele Leute, die andere Dinge viel wohltuender finden, als sich durchkneten zu lassen oder in der Sauna zu schwitzen. Blutspenden zum Beispiel.