ZFF

Iranische Chansons

«What’s the time in your world?» erzählt von einer nostalgischen Rückkehr in den Iran und der Sehnsucht nach Paris. Der Film läuft in der Reihe Iranische Filme am Zürich Film Festival 2015.

2. Oktober 2015

«Mein Erstling ist sehr untypisch für einen iranischen Film», sagt der Regisseur Safi Yazdanian über sein Werk «What’s the time in your world?» (Dar donya ye to saat chand ast?). Einerseits weil der Film in der nordiranischen Stadt Rascht spielt, die sich allein schon durch das Klima am Kaspischen Meer vom Rest des Landes unterscheidet. Andererseits war die Stadt lange Ausgangspunkt vieler Iraner, die nach Europa gingen um zu studieren. So erzählt der Film nicht bloss von der Rückkehr einer Frau in ihre Heimatstadt, sondern auch von der Vorstellung der westlichen Welt – manifestiert in der romantischen Idee der Stadt Paris.

Diese Thematik veranlasste laut Yazdanian das «Ministry of culture and islamic guidance» dazu, den Trailer im iranischen Fernsehen zu verbieten, da der Film Werbung für Frankreich mache. Die Schwierigkeiten mit den iranischen Zensurrechten sind seit den Filmen von Jafar Panahi kein Geheimnis mehr. Noch immer steht der Regisseur wegen der kritischen Auseinandersetzung mit seinem Heimatland unter Berufsverbot und musste sein letztes Werk «Taxi Teheran» aus dem Land schmuggeln lassen. So weit geht Yazdanian nicht, der trotz Fernwehthematik ein nostalgisches Bild seiner Heimat zeichnet.

Schatten oder Schutzengel?

Völlig überstürzt kehrt Goli (Leila Hatami) nach zwanzig Jahren in Paris in ihre Heimatstadt Rascht zurück. Mit grossen Augen betrachtet sie die verregneten Strassen, als ob sie diese zum ersten Mal sehen würde. Niemand hat mit ihrer Rückkehr gerechnet. Ausser der geheimnisvolle Rahmenmacher Farhad (Ali Mosaffa), der sie am Flughafen begrüsst, als ob er sie bereits erwartet hätte und alles über sie zu wissen scheint. Goli hingegen hat Mühe sich überhaupt an ihn zu erinnern. Immer wieder taucht der dunkelgekleidete Mann auf und Goli kann sich nicht entscheiden, ob er ihr ein unangenehmer Schatten oder Schutzengel ist.

Bald wird klar, was der Hintergrund von Golis Rückkehr war. Der Tod ihrer Mutter hat sie dazu veranlasst, heimzukehren. Scheinbar ziellos streift sie in der Stadt umher und wühlt in ihrer Vergangenheit, ohne genau zu wissen, wonach sie eigentlich sucht. In verschiedenen Zeitebenen erfahren wir mehr über die Mutter und deren Beziehung zum Rahmenmacher Farhad, während Goli in Frankreich lebte. In Farhads Beruf spiegelt sich seine Bedeutung wider. Unauffällig und doch unentbehrlich wie ein Rahmen scheint er schon immer ein Teil von Golis Leben gewesen zu sein und hält ihre Erinnerungen wie ein Bild zusammen. Bis Goli diese Bedeutung jedoch erkennt und Farhad nicht mehr bloss als einen komischen Kauz betrachtet, ist es schon fast zu spät.

Witzige Klischees

Mitten in der Handlung hält der Film immer wieder inne, um in Bildkompositionen zu ruhen, die an Gemälde in Pastellfarben erinnern. Mit anmutigen Kamerafahrten und aussergewöhnlicher Filmmusik werden diese poetischen Szenen untermalt. Passend zum Thema des Filmes kombinieren drei Lieder französische Chanson-Melodien mit persischen Texten. Deren Komponist Christophe Rezai hat französisch-iranische Wurzeln und spielt selbst eine Rolle im Film. Als Antoine verkörpert er den «typischen Franzosen», so wie ihn sich Farhad neben anderen witzigen Paris-Klischees in Traumsequenzen vorstellt.

Überhaupt scheint es im Film mehr um die Veränderung in den Köpfen der Protagonisten zu gehen, als um einen eigentlichen Wendepunkt in der Handlung, auf den man vergeblich wartet. Doch trotz stellenweiser Langatmigkeit kann man mit gutem Gewissen Farhads letztem Satz zustimmen: «It was worth it.»

  • Länge: 101 Min

  • Land, Jahr: Iran, 2014

  • Sprachen: Farsi

  • Untertitel: Englisch

  • Drehbuch: Safi Yazdanian

  • Besetzung: Leila Hatami , Ali Mosaffa