«Das Kopftuch ist keine Bedeckung, sondern eine Öffnung.» MSAZ Facebook

Studieren ohne Vorurteile

Der muslimische Studiverein will Ängste abbauen.

2. Mai 2015

Selten betritt man an der Uni einen Hörsaal, in dem die Hälfte der Frauen ein Kopftuch trägt. Rot, schwarz, mit Blumenmustern, die Vielfalt ist bestechend. Vorne auf dem Podium Vertreter der JungenSVP, der Juso und der Jungen EVP und ein Mitglied der «Muslim Students Association Zurich» (MSAZ). Diese Konstellation verspricht einen spannenden Abend. Doch wie weit kommen die nicht-muslimischen Jungpolitiker mit ihren Standardmeinungen, welche den grösseren Teil der Schweizer Wählerschaft ansprechen, vor diesem Publikum?

Organisiert wurde der Abend «Mittendrin, aber auch dabei?» zum Thema Herausforderungen junger Muslime im Alltag von der MSAZ, einen studentischen Verein, den es seit 2012 an den Zürcher Hochschulen gibt. Selber beschreibt er sich als politisch neutralen, religiösen Verein. Er umfasst zurzeit um die 150 Studierende der ZHAW, der ETH und der UZH und ist offen für alle Studierenden, die an einer Zürcher Hochschule eingeschrieben sind.

Hauptanliegen der MSAZ ist einerseits, die Kontakte zwischen Studierenden islamischen Glaubens zu fördern und deren Interessen an den Hochschulen zu vertreten. Andererseits sieht der Verein einen wichtigen Bestandteil seiner Arbeit darin, einen Raum zu schaffen für intra- und interreligiöse Dialoge an den Hochschulen. Politisch will man sich nicht profilieren: «Wir wollen uns, soweit es geht, aus der Politik, vor allem der internationalen Politik, fernhalten. Deshalb konzentrieren wir uns mehr auf Aktivitäten innerhalb der Universität mit Fokus auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder», sagt Burim Luzha, Bachelorstudent in Ingenieurwissenschaften an der ZHAW und Vizepräsident der MSAZ.

Spiritualität ausleben

Doch Politik und Islam lassen sich heute kaum mehr trennen. So geht es auch am Diskussionsabend mit den Parteienvertretern bald um die Minarettinitiative, das Kopftuchtragen und darum, wer wie verpflichtet sei, sich von den Pariser Anschlägen zu distanzieren. Richtig spannend wird der Abend aber erst in den letzten 15 Minuten, als sich das Publikum in die polarisierenden Themen einbringen darf. Kritische Fragen zu ihrer eurozentrischen Argumentation werfen die Jungpolitiker ziemlich aus der Bahn.

Gerade ums Kopftuch entbrennt ein Wortstreit, in dem auch die «hippie-roten» Haare der Juso-Vertreterin – als Symbol einer offen zur Schau gestellten Ideologie – nicht verschont werden. Zur abschliessenden Frage «Wie steht es in zehn Jahren in der Schweiz um den Islam?» wünscht sich Nexhla Medii von der MSAZ, «dass es Raum geben wird für mich, meine Spiritualität auszuleben. Ich hoffe, dass das bis dann nicht verboten sein wird.»

Prominent in Szene setzte sich der Verein auch mit der «Islam-Woche» Mitte April. Präsidentin Sahla Nabi, die seit zwei Jahren an der Spitze des Vereins steht, sagt: «Die Woche war ein voller Erfolg. Das Ziel war primär eine Interaktion mit den nicht-muslimischen Studierenden, um ihnen einen Einblick in unseren Alltag zu verschaffen. Die Islam-Woche hilft, Ängste und Vorurteile abzuschaffen, die leider teilweise vorhanden sind.» Neben Referaten und Workshops gab es unter anderem eine Islamic-Cartoon-Ausstellung, einen Poetry Slam und einen Henna-Tattoo-Stand. Zudem konnten Nichtmuslime an einem Stand ein Kopftuch anziehen, damit durch die Uni spazieren oder eine Vorlesung besuchen. Eine Besucherin kam zum Schluss: «Das Kopftuch ist keine Bedeckung, sondern eine Öffnung!» Ein Fazit, das hoffen lässt.