Schweizer Geschichte nach Mass

Nicht nur Christoph Blocher und sein Umfeld versuchen, die Deutungshoheit über die Schweizer Vergangenheit zu erlangen. Auch die Nachwuchsabteilung beteiligt sich an der Debatte.

2. Mai 2015

Die Junge SVP Schweiz (JSVP) lanciert nun eine Broschürenreihe unter dem Titel «Geschichte im Brennpunkt» für die Sekundarschule. Die Aktion ist Teil des Projekts «Freie-Schulen.ch», in welchem die Jungpartei nach eigener Aussage «politische Beeinflussung und einseitige Indoktrination an Schweizer Schulen» thematisieren möchte. In ihrer Medienmitteilung kritisiert die JSVP unter anderem die vermeintliche Abschaffung des Fachs Schweizer Geschichte als Nebenfach an der Uni Zürich. Die Geschichte der Schweiz werde, so behauptet die JSVP, konsequent kleingeredet.

Deshalb ergreift die Jungpartei nun selbst die Initiative und will den Missstand mit einer eigenen Heftreihe beheben. Der erste Band, welcher im März erschien, behandelt die Schlacht bei Sempach. Weitere Ausgaben sollen vom Erfolg des ersten Bandes abhängen. Schon auf den ersten Blick merkt man, wer die Verfasser sind. Das Vorwort stammt von JSVP-Präsident Anian Liebrand, und im Heft finden sich Inserate für nationalkonservative Gruppen. Es enthält Texte über die Vorgeschichte, den Verlauf und im letzten Abschnitt die moderne Rezeption der Schlacht. Es fehlt jegliche Quellenkritik. So wird zwar die Entstehung Winkelrieds aufgezeigt, aber nicht gesagt, dass die Figur knapp 100 Jahre nach der Schlacht, noch namenlos, erstmals erwähnt wurde und daher kritisch betrachtet werden muss.

Der letzte Abschnitt «Exkurs in die Gegenwart» liest sich wie eine Brandrede gegen Internationalisten. Es werde von der Linken gegen die angeblichen Rechtsextremen gehetzt, die bloss friedlich der Gefallenen gedenken würden. Man wird das Gefühl nicht los, dass es nicht um Geschichte, sondern um Politik geht, wenn von der Bedeutung der Schlacht für das spätere «Unabhängigkeitsstreben der Eidgenossen» und die Schweizer Werte geschrieben wird. So ist es dann auch der «Historiker-Mainstream», der diese Bedeutung relativiert.