© ALESSANDRO DELLA BELLA / EDUARD MELZER

Trinken hilft

Am Wochenende fand im Zürcher Schiffbau und im Exil die 19. Ausgabe des Musikfestivals m4music statt. Kulturreporter Truog über einen enttäuschenden Abend.

26. März 2015

«Habt ihr genug getrunken?», fragten Ok Kid aus Köln zu Beginn ihres Konzerts, und ergänzten: «Wir glauben an den sechsten Gin». Offenbar war viel Alkohol nötig, um sich am diesjährigen m4music zu amüsieren. Rapper Chefket aus Berlin pflichtete bei: «Ich freue mich schon auf meinen nächsten Kater». Die Zürcher Sängerin IOKOI wiederum war von ihren Visuals derart geflasht, dass sie sich lieber wie eine Katze an die Leinwand hinter sich schmiegte, als ins Publikum zu schauen. Von diesem hätte sie eh nicht viel gesehen, weil sie kaum durch die übers Gesicht gesenkte Haarpracht lugen konnte – und weil immer mehr Zuhörende das Weite suchten. Dabei war ihr Elektropop ziemlich gut. IOKOIs Stimme ist trotz absichtlich schräger Töne eingängig, und die psychedelischen Effekte auf dem Mikrofon passten gut. Leider war die Musik zu laut und aggressiv abgemischt.

Langweilig hingegen tönten Kadebostany aus Genf. Viel zu brav und ideenlos kommen ihre bemüht posaunigen Pop-Songs daher. Eine pompöse Bühnenausstattung mit viel Schnikschnak-Muster und wild zappelnde Trommler im Militärlook halfen da auch nichts. Die Theaterhalle im Schiffbau war als Konzertsaal zwar ein schöner Anblick, akustisch funktionierte das aber nicht recht und klang nach Tiefgarage. Ist das die Zukunft der Popmusik? Solche, die man nüchtern nicht geniessen kann?

Nuschel-Nihilismus

Nun war es also am bereits zum lokalen Liebling avancierten Faber, den Abend zu retten. Das gelang ihm zumindest musikalisch. Das Moods erwies sich als bessere Konzertlokalität als die anderen Schiffbau-Hallen, und das Zürcher Publikum hatte seine Freude am talentierten Sänger mit der Wuschelfrisur und dem genuschelten Künstler-Hochdeutsch. King Louie aus dem Dschungelbuch adaptierte er gut, den Italo-Klassiker «Volare» auch – immer mit verschmitztem Lächeln und plötzlich vulkanartig ausbrechendem Gitarre-Schrummen auf Achselhöhe.

Der Posauner, der zusätzlich mit Bassdrum und Tamburin als Schlagzeuger fungierte, beeindruckte und überzeugte wie der Rest der Band. Die merkwürdig nihilistischen Weisheiten in Fabers Texten leider klangen ziemlich verworren. «Bleib dir nicht treu, sei ja nie du selbst», «verwirf jegliche Moral, widerstehe dem Widerstand» und «nur die wirklich blöden Fische schwimmen gegen den Strom», weiss Faber. Offensichtlich ist ein solches Gedankengut neben dem Alkohol ein weiteres Narkotikum, mit dem es sich am m4music-Samstagabend wohl fühlen lässt. Und vielleicht ist Fabers letztes Statement eine ungewollte Bestätigung des Verdachts, dass man als Popmusiker noch immer gezwungen ist, sich dem Mainstream anzupassen. Ich machte den blöden Fisch und ging.