Peitsche für Langsame: Studieren die Berner bald um die Wette? Gian Steiner

$chluss mit Gemütlichkeit

Uni Bern führt Strafgebühren für Langzeitstudis ein.

23. Februar 2015

Ab dem Herbstsemester 2015 gilt an der Universität Bern eine neue Gebührenregelung. Für Studierende, die innerhalb von sechs Jahren keinen Abschluss erreichen, verdoppelt sich die Studiengebühr mit jedem zusätzlichen Semester. Damit bezahlen sie für das 13. Semester die doppelte (1'500 Franken) und für das 14. die vierfache (3'000 Franken) Studiengebühr. Das 20. Semester würde demnach das 256-Fache der üblichen Studiengebühr kosten. Allerdings beginnt die Frist nach jedem Abschluss neu zu laufen. Das bedeutet, dass diese nach dem Bachelorabschluss für das Masterstudium wieder bei Null anfängt.

Beim Verband der StudentInnenschaft der Universität Bern (SUB) stösst die neue Regelung auf Unverständnis. Luisa Jakob vom Vorstand hält sie für völlig unangebracht, da die meisten Fakultäten bereits eigene Limiten festgesetzt haben, wenn es darum geht, wie lange ein Studium dauern darf. Es ist jedoch möglich, diese Frist hinauszuschieben. Dafür müssen Studierende ein Gesuch einreichen, welches die Fakultät dann prüft.

«Dass von Seiten der Universität eine zusätzliche finanzielle Hürde in Form einer Gebührenstrafe eingeführt wird, macht keinen Sinn. Zudem ist sie hinsichtlich der Chancengleichheit völlig deplatziert», sagt Luisa. Tatsächlich benachteiligt die Regelung Studierende mit kleinem Budget, die es nicht schaffen, das Studium in der Regelzeit abzuschliessen. Ihnen wird das Studium ab dem ersten überzogenen Semester verunmöglicht – während die teure Unirechnung für vermögende Studierende lediglich einen Warnschuss darstellt.

Fristverlängerung

In der Universitätsverordnung ist auch eine Härtefallregelung verankert. Die Verdoppelung kann in Einzelfällen ganz oder teilweise erlassen werden. Was genau ein Härtefall ist, wird allerdings nicht definiert. Luisa bestätigt, dass der SUB in Kontakt mit der Universität steht und eine transparente und grosszügige Auslegung fordert: «Es ist wichtig, dass Betroffene bereits im Vorfeld abschätzen können, ob sie eine Chance haben, unter den Schutz einer solchen Regelung zu kommen.»

Ebenso unklar ist die Frage nach der Endgültigkeit der Gebührenstrafe. Studierende, welche die erlaubte Zeit ihrer Fakultät überschreiten, werden auf Lebenszeit gesperrt. Allerdings haben sie immer noch die Möglichkeit, sich an einer anderen Fakultät einzuschreiben. Die Gebührenstrafe betrifft jedoch die gesamte Universität Bern. Wirkt diese auch auf Lebenszeit und sperrt damit Betroffene von allen Studiengängen der Universität? Oder können sie nach einer bestimmten Zeit einen Neuanfang starten?

Die Universität weist darauf hin, dass zahlreiche Personen 20 oder mehr Semester lang eingeschrieben sind und während dieser Zeit nur wenige ECTS-Punkte erwerben. Dies sei volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. Mit der neuen Regelung wolle man verhindern, dass Langzeitstudierende ohne hinreichenden Grund an der Universität eingeschrieben bleiben. Weiter wird darauf hingewiesen, dass die Gebührenverdoppelung von der Berner Regierung, nicht von der Uni selbst erlassen wurde. Die Universität sei daher verpflichtet, die neue Gebührenregelung einzuführen.

Auf Anfrage sagt die Universität Zürich, dass auch hier entsprechende Entscheide von der Regierung getroffen würden. Allerdings gebe es keine Hinweise darauf, dass in Zürich Ähnliches geplant wäre. ◊

Kommentar zu den Strafgebühren in Bern