Unitär: Food Porn

23. Februar 2015

Food Porn — Neulich in den Bergen: Bauernhaus, Holzofen, Pizza backen. Teig: selbst gemacht. Handarbeit, ursprünglich, urchig. Und dann aus dem Nichts plötzlich das Bedürfnis, vom fertigen Produkt ein Foto zu machen und das tolle Erlebnis mit irgendwelchen Freunden zu teilen. Ich fühle mich ertappt, halte inne und sinniere bald über die seltsame Mode, die sich «Food Porn» nennt. Was will ich der Welt hier eigentlich be­weisen? Einfach gesagt wohl: «Schaut her, ich habe Pizza gemacht!», begleitet von wildem Brustkorb­getrommel. Ja, ich war stolz auf diese Pizza, für die ich Mehl mit Wasser und etwas Salz vermengt und sechs Kilo Holz verbrannt hatte.

Wenn nun jemand im Resti ein Rindsfilet ablichtet, kann das aber nicht derselbe Stolz sein, denkt ihr jetzt. Aber wenn «Geiles Essen = Geld = Arbeit» ist, dann ist Food Porn nichts Anderes als das Bedürfnis eines hart arbeitenden Subjekts, zu beweisen, dass man mit seinem sauer verdienten Geld etwas Tolles gekauft hat. Eine verständliche Ersatzhandlung in einer Welt, in der «Arbeit ≠ Sinn» ist. Doch was macht nun der wahre Elitarist mit dieser Erkenntnis? Er strebt fortan stets nach Sinn in seiner Tätigkeit. Er studiert nur noch, was ihn wirklich interessiert. Er arbeitet nie mehr nur fürs Geld. Er isst, ergriffen von seiner wahrhaftigen Handlung. Es wärmt ihn, anstatt der inzwischen lauwarmen Pizza, der Stolz auf seine aufrichtige Tätigkeit.

Michael Kuratli ist fundamentaler Elitarist, glaubt an die nahende Weltrevolution der geistigen Überlegenheit und darf sich bis zu diesem glorreichen Tag hier austoben.