Nora Gsell

Duell: Kokain

Bekanntheiten aus aller Welt und Zeit duellieren sich zu ausgelosten Themen.

23. Februar 2015

PRO: George W. Bush

Verehrte Patrioten, Members of Congress, fellow Americans, meine Präsidentschaft endete im Debakel. Man hält meinen Nachfolger für klüger als mich und niemand findet meine Gemälde schön. Doch es ging mir nie besser. Endlich, mit 68 Jahren, habe ich herausgefunden, was der Sinn des Lebens ist: Er liegt darin, die ganze Welt einfach zu lieben.

Ganze Generationen unserer ehrwürdigen Vorfahren haben geschwitzt und geblutet für eine friedliche Welt, doch es gelang ihnen nicht, Gottes Gnade zu gewinnen. Auch mein Amerika hat Krieg geführt und die Freiheit der Nationen und des Vaterlandes verteidigt, ohne eigentlich zu wissen, wofür genau wir kämpften. Nach 9/11 versprach ich: Tonight we are the country called to defend freedom. Whether we bring our enemies to justice, or bring justice to our enemies, justice will be done. Aber als meine aufopferungsvolle und patriotische Mission scheiterte, blieben mir – auch wenn es nach aussen nie so aussah – nur Angst und Frustration.

In der Verzweiflung über mein gescheitertes Leben gab ich mich verschiedenen Räuschen hin. Alkohol, Cannabis und LSD lassen einen träumen und schwärmen, aber ich wollte die Welt immer sehen, wie sie wirklich ist. Dann kam die Rettung: Ich erinnerte mich an das himmlische weisse Pülverchen, mit dem ich damals bei Skull&Bones, meiner aus tiefem Herzen geliebten Studentenverbindung, Bekanntschaft gemacht hatte. Back in these days hielt ich das Zeug für gefährlich, eine Bedrohung der rechtschaffenen Sitten, die Linie des Bösen – heute weiss ich: Nur auf Kokain vermag man die wahre Liebe und Schönheit der Welt zu erblicken.

On crack sieht man endlich: Die Dinge sind so einfach. Brüder! Schwestern! Die Seligkeit erstreckt sich über die gesamte Menschheit, und die Gnade Gottes ist unerschöpflich! Die Willenskraft der Vereinigten Staaten ist grösser denn je und die freie Welt wird in ewigem Frieden erstrahlen! Fellow citizens, in all that lies ahead, may God grant us wisdom, and may He bless the United States of America – and now watch my sniff. [tru]

CONTRA: Amy Winehouse

Ich weiss, was ihr jetzt lesen wollt. Wie steht die Skandalnudel zu Kokain? Als ich nach meinem Tod auf dem Seziertisch der globalen Klatschpresse lag, habt ihr euch alle die Mäuler drüber zerrissen, was mich letztendlich das Leben gekostet habe. Zuerst hiess es: Todesursache Alkohol. Dann, dass ich an gebrochenem Herzen gestorben sei. Schliesslich: Ein Drogencocktail aus Heroin, Ecstasy, Ketamin und Kokain. Letzteres hing mir so sehr nach, dass eine Bande brasilianischer Dealer ihre Kokain-Tütchen mit Bildern von mir verzierte.

Kokain war nur eines von vielen Dingen, die mein Leben zerstört hatten. Mein Ex-Mann behauptet, ich hätte das Zeug genommen wie sonst was. Dabei war er der

grosse Kokser. Deshalb heisst es in dieser einen Songzeile ja auch You love blow and I love puff.

Doch ich will nichts beschönigen. Kokain war eines meiner grossen Laster. Als ichs das erste Mal nahm, wars einfach nur toll. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie ich in Zukunft ohne das Zeug auskommen sollte. Doch dann lief alles schief. Meine körperliche Kondition war mies, meine Stimme versagte an Konzerten. Sie wollten mich in die Entzugsklinik bringen. Ihr wisst, dass ich das nicht so toll fand. Es läuft ja heute noch fast täglich im Radio. Schliesslich hab ich mich im Spiegel kaum wiedererkannt. Ich wollte von den Drogen wegkommen. Aber ich konnte es nicht. Life is a losing game.

Kurz vor meinem Tod wollte mich meine Familie mit Sicherheitspersonal vor dem Drogendealer schützen, der mich immer mit dem Stoff versorgte. Der brachte mir Drogen, auch Kokain, versteckt in einem Blumenstrauss oder Teddybären. Aber das wisst ihr ja auch schon längst. Stand ja im Internet.

Leute, welche Überdosis mich ins Grab brachte und welche Rolle Koks dabei spielte … das ist letztlich egal. Wenn ihr aus dem ganzen Rummel um meine Person eine Sache mitnehmen könnt, dann, dass ihr einfach die Finger von dem Zeug lassen solltet. [jol]