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Lebende Legende

28. November 2014

Warum der Film «20'000 Days on Earth» heisst? «Weil das einfach besser tönt als 57 Jahre und ein paar Monate auf Erden.» Bei Nick Cave geht es nie um das Praktische, es geht immer um die Kunst. So auch in der 97 Minuten langen Dokumentation von Iain Forsyth und Jane Pollard über den Künstler. Mit seiner Band «Nick Cave and the Bad Seeds» erlangte der Musiker Weltruhm. Spätestens seit dem Duett mit Popstar Kylie Minogue «Where the Wild Roses Grow» 1995 ist Cave auch SRF 3-Hörerinnen ein Begriff.

Aber zurück zur Kunst. Cave ist nicht nur Musiker. Er will auch Dichter, Schauspieler und Drehbuchautor, kurz: ein Genie, sein. Als solches inszeniert er sich auch in «20'000 Days On Earth», ein Film, der sich als Dokumentation ausgibt, aber eigentlich ein durchkomponierter Spielfilm ist. Was wie spontane Aufnahmen daherkommt, sind im Grunde komplexe Bildcollagen. Der Film gibt keinen Einblick in das Leben des «wahren» Nick Cave. Der Film gibt einen Einblick darin, wie Nick Cave versucht, sich als Mythos zu inszenieren.

Die «Dokumentation» zeigt einen Tag, den 20'000. im Leben des Künstlers. Mit Nick Cave

Auto fahren, mit Nick Cave zum Psychiater, mit Nick Cave alte Fotos anschauen, mit Nick Cave zu Mittag essen - bei jeder Banalität dürfen die Zuschauer dabei sein. Nur: Wenn Nick Cave diese Dinge tut, dann sind sie nie banal, sondern aussergewöhlich. Denn: Eine Legende lebt keinen Alltag, eine Legende lebt die Kunst.

Es macht Spass, ihm zuzusehen. Man denkt: «Mann, bin ich langweilig!» Aber es muss anstrengend sein, Nick Cave zu sein. Der Film endet mit einem Konzert (es ist ja inzwischen Abend geworden). Ein Orchester spielt, ein Kinderchor singt, Cave lässt sich feiern, er trägt ein goldenes Glitzerkostüm. Irgendwann ist auch mal gut. Der Kitsch ist überwältigend. Man verlässt das Kino, ist erschöpft und denkt: «Eine mythische Existenz zu leben, macht auch nicht glücklich.»

20'000 Days on Earth (2014) läuft in Zürich im Kino Riffraff.