Die Oase, seit Jahrzehnten ein Hort studentischer Erholung, ist gerettet. Sandy Krammer

Die Oase soll wieder erblühen

Ein wichtiger studentischer Freiraum im Historischen Seminar lag kurz vor der Trockenlegung. Jetzt soll die «Oase» unter Mitwirkung der Studierenden renoviert werden.

16. November 2014

Der Raum KO2-G-289 im Hauptgebäude der Universitätsieht schon seit Jahrzehnten gleich aus. Bekannt ist er als «Oase», ein studentischer Rückzugsort. Wer vom Namen aber auf eine wohlige Insel in der akademischen Wüste schliesst, wird enttäuscht: zerkratzte Tische, abgewetzte Sofas und khakifarbene Wände laden nicht unbedingt zum Verweilen ein. Vom riesigen schwarz-roten Bild an der Wand, das an einen brennenden Menschen erinnert, ganz zu schweigen. Trotzdem wird der Raum rege genutzt. Studentische Vereine, allen voran der Fachverein Geschichte (FVhist), veranstalten hier die verschiedensten Anlässe ̶ von Vorstandssitzungen bis hin zu Partys ist alles dabei. Ausserhalb dieser Aktivitäten steht die Oase allen zum Arbeiten, Diskutieren oder Verweilen offen.

Das war schon immer so. Ganze Studierendengenerationen gingen in der Oase ein und aus und niemand zweifelte daran, dass sich jemals etwas daran ändern könnte. Bis vor zweieinhalb Jahren.

Vor dem Aus

Anfang 2012 stand dieser studentische Freiraum vor dem Aus. Der damalige Vorstand des Historischen Seminars (HS) wollte die Oase trockenlegen und dort Arbeitsräume für Doktorierende einrichten. Als Grund dafür nannte das HS den akuten Platzmangel im Hauptgebäude und fügte an, dass die Oase im Vergleich zu anderen Räumen zu wenig genutzt werden würde.

Dies löste bei den Studierenden einen Sturm der Entrüstung aus. Vertreter der Organisationen, die den Raum regelmässig nutzten, wie der FVhist oder die Hochschulgruppe von Amnesty International, zeigten sich bestürzt. Ein Artikel in der ZS heizte die Stimmung zusätzlich an. In einer ausserordentlichen Vollversammlung des Fachvereins wurde darüber beraten, wie man die Oase retten könnte. Die heutige VSUZH-Gruppe Kritische Politik (kriPo) startete sogar eine Onlinepetition zur Rettung der Oase, die 581 Personen unterschrieben.

Alles neu

Heute ist die Oase allen Befürchtungen zum Trotz immer noch da. Soweit ist alles beim Alten geblieben. Das soll sich bald ändern, jedoch zum Vorteil der Studierenden. Es ist nämlich eine Totalsanierung geplant.

«Das Ziel ist es, die Oase zu einem Ort zu machen, in dem man sich auch wirklich freiwillig aufhalten möchte», sagt Alina Viert vom FVhist, die mit ihrer Vorstandskollegin Janna Kraus als studentische Vertretung an den Planungen zur Renovierung der Oase mitwirkt. Der Raum soll zum ersten Mal seit Dekaden neu gestrichen werden. Doch damit ist es nicht gemacht. Janna erklärt: «Das Historische Seminar ist gross und unübersichtlich. Die Oase soll zu einem Austausch-und Begegnungsort werden, wo alle zusammenkommen können.» Aus diesem Grund soll der Raum mit vielen Neuerungen attraktiver gemacht werden. Neben neuen Möbeln und einem Beamer soll auch eine Kaffeelounge eingerichtet werden.

«Für alles andere ist der Raum ungeeignet»

Wie kam es dazu, dass ein Raum, der vor kurzer Zeit noch wegen Raumnot abgeschafft werden sollte, jetzt erhalten bleibt und sogar saniert wird? Hier spielen der seit Sommer 2012 amtierende HS-Seminarvorstand und die ebenfalls zu dieser Zeit eingesetzte Geschäftsführerin Barbara Welter Thaler eine entscheidende Rolle. «Von verschiedenen Seiten kam die Klage, dass es im HS keinen Gemeinschaftsraum gibt», so Welter Thaler. «Also haben wir mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Stände Gespräche geführt.»

Bei einem dieser Gespräche äusserte Andrej Markovic, der studentische Vertreter des FVhist, den Vorschlag, die Oase zu renovieren, um sie für Studierende wieder attraktiver zu machen. «Diese Idee haben wir gerne aufgegriffen», kommentiert Welter Thaler. Das HS schlug für die Renovierung vor, die Oase zu einem Gemeinschaftsraum für alle aufzuwerten, um ihn dann gemeinsam neu einzurichten. «Für alles andere ist der Raum bei genauerer Betrachtung ungeeignet. Für Büros etwa wäre er viel zu dunkel», so Welter Thaler. Da der Raum sowieso schon vom akademischen Mittelbau für Sitzungen genutzt wurde, nahm der Fachverein die Idee zur Einrichtung eines Gemeinschaftsraumes unter der Bedingung, dass die studentische Verwaltung des Raumes gewährleistet bleibt, an.

Massives Mitspracherecht für die Studierenden

Seit Juni dieses Jahres planen nun Geschäftsführerin Barbara Welter Thaler, Edith Darnay vom Seminarsekretariat des HS und die Abteilung Infrastruktur der Uni Zürich die Renovation der Oase. Der FVhist ist nicht nur peripher involviert, sondern zeichnet sich mitverantwortlich für das Projekt. «Von der Auswahl der Möbel bis zur Raumaufteilung: Wir werden in alle Planungen miteinbezogen», so Janna vom Fachverein. Barbara Welter Thaler findet, dass dies auch das gute Recht der Studierenden sei: «Der Fachverein soll weiterhin über die Nutzung der Oase mitbestimmen.»

Dieser freut sich, endlich einmal an einem Projekt arbeiten zu können, dessen Folgen für die Studierenden unmittelbar greifbar sind. «Das sind keine abstrakten Reformen, die keiner versteht», meint Alina. Entsprechend kommuniziert der FVhist die Neuigkeit an Anlässen wie der Vollversammlung, an der Tür der Oase weist ein Zettel auf den Umbau hin. Von Seiten der Studierenden, die sich vor zwei Jahren noch vehement für die Rettung des Raumes aussprachen, hört der Fachverein jedoch über die Neuigkeit überraschend wenig. Einzig die Dozierenden scheinen sich für die Fortschritte der Planung zu interessieren. Die kriPo, die zu den grössten Verfechtern der Oase zählte, begrüsst den Entscheid, dass die Oase weiterhin ein selbstverwalteter Ort der Studierendenschaft bleibt. Sie schreibt in einer Stellungnahme: «Wir freuen uns sehr, dass das Historische Seminar damit den grossen Wert der Oase als Ort des studentischen kritischen Gedankenaustausches anerkennt.» Gleichzeitig bedankt sie sich bei allen Personen und Organisationen die Kampagne zur Rettung der Oase unterstützt haben.

Datum noch nicht fix

Bis die Renovation in Angriff genommen werden kann, wird noch einige Zeit vergehen. Der Betriebsdienst Zentrum der Uni Zürich muss noch sein definitives Einverständnis geben. Das kann allerdings dauern, weiss Welter Thaler. Zusätzlich sind gewisse Vorgaben des Denkmalschutzes zu berücksichtigen. Welter Thaler ist jedoch zuversichtlich: «Der Raum ist schon sehr, sehr lange nicht mehr renoviert worden. Deshalb werden die zentralen Stellen unserem Vorhaben höchstwahrscheinlich zustimmen.»

Wie lange das Ganze dauern wird, vermag keiner der Involvierten abzuschätzen. Nur eines ist gewiss: Die Oase ist nicht ausgetrocknet. Sie bleibt und wird auch zukünftigen Studierendengenerationen noch erhalten bleiben.