Studis Hamstern Module. Der Abfall landet als «nicht bestanden» in ihrer Leistungsübersicht. Samuel Nussbaum

Hamsterbuchungen werden nicht verhindert

Sobald die Modulbuchung beginnt, wähnen sich viele Studis im Online-Shoppingparadies. Hamsterbuchungen sind an der Philosophischen Fakultät seit Einführung des «First come, first served»-Prinzips ein ungelöstes Problem.

2. November 2014

Am Historischen Seminar gab es dieses Jahr einen regelrechten Sturm auf die Seminare. Innert weniger Stunden waren die meisten ausgebucht – und blieben es bis kurz vor der Stornierungsfrist. Während in der Alten Geschichte tatsächlich zu wenige Plätze angeboten wurden und die Policy gelockert werden musste (siehe # ZS 5/14), lag das Hauptproblem bei zu exzessiven Shoppingtouren im Modulbuchungstool, wie Seminarvorsteher Prof. Sebastian Scholz erklärt: «In der Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit führten Hamsterbuchungen zu scheinbar knappen Angeboten. Das Problem löste sich jedoch im Laufe der Buchungsfrist.» Das Chaos am Historischen Seminar bietet Anlass, um dem Problem mit den Hamsterbuchungen auf den Grund zu gehen.

«Die Ressourcen sind knapp»

Monica Kalt, Leiterin des Studiendekanats der Philosophischen Fakultät, sagt, man kenne kaum Mittel, um Hamsterbuchungen zu verhindern: «Hamsterbuchungen sind leider ein unerwünschter Effekt aus der Kombination von Teilnahmebeschränkungen und dem Prinzip first come first served.» Die Teilnahmebeschränkungen signalisierten, dass die Ressourcen knapp seien.

Vor allem an der Philosophischen Fakultät ist das Problem virulent. Andere Fakultäten haben kaum Module mit Platzbeschränkungen. So kenne die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät (WF) das Prinzip «first come, first served» nicht, erklärt Katharina Korsunsky, stellvertretende Geschäftsführerin für Kommunikation der WF. Sie erklärt, dass die meisten Module allen Studierenden offen stünden. Nur bei Seminaren gäbe es limitierte Platzzahlen. Dafür sei aber in der Regel eine zusätzliche Bewerbung via Lehrstuhl oder OLAT erforderlich. Wirtschaftsstudierende widersprechen: Auch an der WF komme es vor, dass einzelne Seminare per «first come, first served»-Prinzip verteilt werden.

Seminarplätze für Geld?

Die WF scheint zurzeit keinen Handlungsbedarf zu sehen. Die Modulbuchungsprozesse werden von den Instituten zum grossen Teil individuell koordiniert. Entsprechend unterschiedlich ist der Umgang mit den Hamsterbuchungen.

Am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften (IPMZ) sorgten Medienberichte im Frühjahr für Wirbel. Studierende hätten Seminarplätze für Geld angeboten, hiess es. Den entsprechenden Medien war glücklicherweise nur die Ironie in einem Facebook-Beitrag entgangen. Ganz so schlimm steht es um die sozialen Kompetenzen der Studierenden also nicht – auch wenn sie es ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen mit Hamsterbuchungen erschweren, das Wunschmodul zu besuchen. Der Modulverkauf war zwar eine Falschmeldung, doch das IPMZ hatte im Frühlingssemester tatsächlich mit Hamsterbuchungen zu kämpfen. Mittlerweile hat sich die Situation etwas beruhigt, wie die Studienprogrammkoordinatorin Karin Pühringer erklärt: «Die Modulbuchungsphase ist in diesem Herbstsemester erfreulicherweise grösstenteils unproblematisch verlaufen.» Man habe nur einzelne Anfragen von Studierenden gehabt, welche während und nach der Buchungsphase individuell bearbeitet wurden.

«Wir suchen nach Hamsterbuchern»

Am Institut für Politikwissenschaft (IPZ) grassierten derweil auch dieses Semester Hamsterbuchungen im grossen Stil. Ursina Wälchli, Mitverantwortliche für die Modulbuchung, appelliert an die Selbstverantwortung der Studierenden: «Ein, zwei Module zu viel kann man ja buchen, wenn man sie genug früh storniert.» Einzelne Studis buchten aber 15 Wahlmodule pro Semester. «Das ist schlicht nicht fair gegenüber den Kommilitonen», findet Wälchli. Wenn Studierende sich in der Modulbuchung im Onlineshopping-Paradies wähnen, und 15 Wahlmodule statt der machbaren 3-4 buchen, kann von Eigenverantwortung und Fairness gegenüber Mitstudierenden keine Rede sein. Die Massnahme des IPZ: «Wir suchen die Personen heraus und schreiben ihnen eine Email – mit einem Appell an die Fairness.» Die meisten würden diesem Appell folgen, erklärt Wälchli. Auf längere Frist könne das aber keine Lösung sein, weil die Massnahme grossen Mehraufwand für die Modulbuchungsverantwortlichen bedeuten würde.

20 Prozent erscheinen nicht an der Prüfung

Das grösste Problem am IPZ sind aber nicht die Hamsterbuchenden, die wieder stornieren. Schlimmer sind die Studis, welche ihren Warenkorb bis Ende Semester vollgeladen lassen, aber den Leistungsnachweis in vielen Modulen nicht erbringen. Nach Ablauf der Stornierungsfrist sind dann weiterhin alle Plätze im Modulbuchungstool besetzt, der Seminarraum aber halb leer. «Pro Modul erscheinen durchschnittlich 20 Prozent der registrierten Personen weder im Modul, noch an der Prüfung», erklärt Ursina Wälchli vom IPZ. Weil das Nichtbestehen eines Moduls keine Konsequenzen hat, lassen sich solche Studierende reihenweise Einsen ins Zeugnis eintragen.

Das IPZ ermöglicht deswegen die Erweiterung der Seminarplätze. «Wenn die Plätze ausgebucht sind, und mehr Studierende ein Modul besuchen wollen, setzen wir sie auf eine Warteliste», erkärt Wälchli. Der Dozent müsse dann entscheiden, ob er zusätzliche Plätze in seinem Modul freigibt. So wird die Bevorzugung einzelner Studierender durch den Dozenten verhindert. Dieser kann aber selbst beurteilen, wie viele Studierende er betreuen kann und will. Am HS haben Dozierende diese Freiheit nicht mehr. Die Begründung: Das Betreuungsverhältnis könne bei mehr als 30 Studierenden nicht gewährleistet werden. Zudem sollen einzelne Studierende nicht bevorzugt werden können. Die Massnahme des IPZ beweist, dass es möglich ist, interessierten Studierenden den Zugang zum Wunschseminar zu ermöglichen und trotzdem Fairness zu garantieren. Doch sie ist mit viel administrativem Aufwand verbunden, den offensichtlich nicht alle Institute leisten wollen.