Die doppelte Aeppli: Ihre Rollen werden zunehmend in Frage gestellt.

Wie viel Aeppli erträgt die Uni?

Der Kantonsrat will das Doppelmandat der Bildungsdirektion aufbrechen. Aepplis Zukunft an der Uni ist ungewiss.

5. Mai 2014

Zürcher Bildungsdirektoren polarisieren, besonders wenn es darum geht, wie sie mit der Universität umgehen. Bei den Protesten in den 1980er Jahren empörten sich die Studierenden über Alfred Gilgen, heute steht Regine Aeppli am Pranger. Aktuell werden nicht nur ihre politischen Entscheide kritisiert, wie 2012, als sie die Studiengebühren erhöhte. Gegenwärtig wird bemängelt, dass sie zwei Positionen einnimmt, deren Funktionen sich teils überschneiden. Aeppli sitzt als Bildungsdirektorin automatisch auch im Unirat. So will es das Universitätsgesetz. Diese Doppelrolle ist problematisch. Wer beispielsweise vom Unirat entlassen wird, der muss sich bei der Bildungsdirektion darüber beschweren – und hat somit zweimal mit Aeppli zu tun.

Hans-Jacob Heitz, Alt-Kantonsrat der FDP, sieht darin einen Interessenkonflikt: «Wenn die Bildungsdirektorin im Universitätsrat über eine Entlassung mitbestimmt, ist sie anschliessend im Bildungsrat befangen und kann sich nicht angemessen frei äussern und einsetzen.» Aepplis Doppelrolle geht aber noch weiter: Im Unirat stellt sie Budgetanträge, die sie später als Bildungsdirektorin selbst bewilligt. Aeppli selbst sagte bei einer Pressekonferenz im November, die Interessen ihrer beiden Posten seien sich noch nie in die Quere gekommen. Zu ihrer doppelten Machtposition kommt hinzu, dass Aeppli den Unirat präsidiert. Das gibt ihren Voten zusätzliches Gewicht. Neu ist dies nicht. Seit der Schaffung des Unirats im Jahr 1998 hat der jeweilige Bildungsdirektor immer den Vorsitz in diesem strategischen Organ.

«Undercover-Boss»

Alt-Kantonsrat Heitz missbilligt den Doppelhut der Regierungsrätin. Er hat im Dezember 2013 eine Einzelinitiative eingereicht, die der Bildungsdirektorin das Stimmrecht im Unirat entziehen soll. Heitz sagt, die Affäre Mörgeli habe ihn dazu veranlasst, diese Forderung zu stellen. Sie habe Aepplis problematische Rolle in der Unipolitik für alle sichtbar gemacht. Doch distanziert sich Heitz von der SVP: «Ich habe die Initiative bewusst in meinem eigenen Namen eingereicht, Herr Mörgeli hat nicht direkt damit zu tun.» Seine Initiative wurde im Februar mit 93 Stimmen vorläufig unterstützt und an den Regierungsrat weitergeleitet. Bis August 2015 beschäftigt sich die Kommission für Bildung und Kultur des Kantonsrats (KBIK) mit der Vorlage. Dann läuft die Behandlungsfrist ab, wie Kommissionspräsident Ralf Margreiter bestätigt.

Es ist wahrscheinlich, dass in der KBIK ein Gegenvorschlag ausgearbeitet wird. Denn selbst die bürgerlichen Parteien kritisieren einen zentralen Punkt der Initiative, obschon sie den Vorstoss fast geschlossen unterstützt haben.

Viele Kantonsräte stören sich daran, dass laut dem Initiativtext die Bildungsdirektorin weiterhin im Unirat sitzen würde, einfach ohne abstimmen zu dürfen. Der Grüne Res Marti erklärte dies in der Debatte so: Wenn das grösste Tier im Saal sitze, seien alle Blicke darauf gerichtet, egal, ob es formell mitsprechen kann oder nicht. Würde Heitz' Initiative so umgesetzt, so würde Aeppli zu einem «Undercover-Boss à la RTL», sagt Marti. Grüne und SP haben die Initiative aus diesem Grund abgelehnt. Und das, obwohl auch linke Politiker mit Aepplis Doppelrolle unzufrieden sind. Esther Guyer, ebenfalls Kantonsrätin der Grünen, findet: «Meiner Meinung nach sollte die Bildungsdirektorin gar keinen Einsitz im Unirat haben». Sie kann sich eine Lösung vorstellen, bei der ein anderer Vertreter der Bildungsdirektion mit beratender Stimme bei den Sitzungen anwesend ist: «Auf diese Weise könnte der Informationsfluss zwischen der Direktion und dem Unirat garantiert werden.»

Die Vermutung, dass die Initiative direkt gegen Regine Aeppli gerichtet isei, dementiert Heitz. Es zeige sich ein klassischer Interessenkonflikt zwischen Aepplis beiden Funktionen als Bildungsdirektorin und Präsidentin des Unirats, der aufgehoben werden müsse. «Ich bin überrascht, dass Frau Aeppli dies als Juristin nicht selbst einsieht». SVP-Kantonsrat Claudio Zanetti findet sogar: «Nicht nur ihre Doppelrolle, sondern in erster Linie gravierende Fehler von Frau Aeppli, beziehungsweise deren politische Manöver, haben dazu geführt, dass wir jetzt das Universitätsgesetz ändern müssen».

Vetterliwirtschaft in der SP

Das Nein der SP zu Heitz’ Initiative dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass sie sich hinter ihre Regierungsrätin stellen will. Unterstützen die Fraktionen lieber ihre Politiker, als strukturelle Probleme zu beheben? Ein Blick zurück zeigt, dass sich die SVP 2008 ähnlich verhielt. Damals reichten drei bürgerliche Kantonsräte eine Motion ein, die Aepplis doppelte Machtposition aufbrechen wollte. Der Vorstoss wurde zuerst von der SVP unterstützt, dann fallengelassen, wie FDP-Kantonsrat Urs Lauffer berichtet. Im Rat scheiterte die Vorlage, weil sieben Stimmen fehlten. Lauffer glaubt, dass sich die SVP zurückzog, weil der SVP-Kantonsrat Samuel Ramseyer zur selben Zeit in den Bildungsrat wollte. Dort hat Bildungsdirektorin Aeppli den Vorsitz. Wäre ihre Macht beschnitten worden, hätte auch die SVP indirekt an Einfluss eingebüsst. Zanetti nennt einen anderen Grund, warum er seiner Fraktion davon abgeraten hat, die Initiative zu unterstützen. Der ehemalige Rektor Fischer habe ihn damals zum Tee eingeladen und ihm dargelegt, warum die Initiative nicht unterstützenswert sei. «Und ich habe mich einseifen lassen», sagt Zanetti. Er sieht sich heute als «Opfer von Mobbing durch die Unileitung».

Für Aeppli selbst dürfte die Debatte bald nicht mehr relevant sein. Die NZZ berichtete Anfang April, die Regierungsrätin verzichte 2015 auf eine erneute Kandidatur. Aeppli nannte den Bericht «reine Spekulation», worauf die NZZ erwiderte, sie berufe sich auf verlässliche Quellen. Die Frage, wie eng die Bindung zwischen der Uni und der Bildungsdirektion sein soll, wird zentral bleiben; mit oder ohne Aeppli. Heitz hat dabei eine klare Meinung: «Die Politisierung des Universitätsrates in letzter Zeit hat dem Ruf der Uni Zürich geschadet – mehr Unabhängigkeit von der Politik würde ihr gut tun».