Gefragt

Woher stammt der Begriff «Zeitungsente»?

5. Mai 2014

Die Verwendung des Wortes «Ente» zur Bezeichnung einer Falschmeldung insbesondere in den Medien lässt sich nicht eindeutig zurückverfolgen. Sie ist jedenfalls bereits im 19. Jh. im Wörterbuch der Brüder Grimm bezeugt. Da das französische Wort canard schon früher in dieser Bedeutung auftrat, ist am ehesten an eine Bedeutungsentlehnung aus dem Französischen zu denken. Wie der Zusammenhang von Ente und Zeitungslüge aber zustande kam, ist unklar. Es wird darauf verwiesen, dass die Ente eine unzuverlässige Brüterin sei und sich hierdurch die Bedeutung ergeben hätte. Wahrscheinlicher aber ist, dass sich die Bedeutung aus einer Verkürzung der älteren Wendung vendre des canards à moitié «jemanden täuschen» entwickelt haben. Zu bedenken ist zwar auch, dass schon im frühneuzeitlichen Deutsch der Ausdruck «blaue Enten» für erlogene Geschichten nachweisbar ist. Der Bezug auf Zeitungsmeldungen ist aber recht jung und nicht sicher auf diese älteren Verwendungen zurückzuführen. Die Bedeutung der Falschmeldung findet sich auch noch in einer Reihe weiterer Sprachen, z.B. dem Russischen. Dass in manchen Sprachen wie dem Englischen oder Italienischen, das französische canard als Fremdwort verwendet wird, stützt die These der Entlehnung aus dem Französischen. Sicherlich falsch ist die immer wieder auftauchende Erklärung, dass sich das Wort «Ente» aus der Aussprache der Abkürzung n.t. (non testatum, also «nicht bezeugt») herleiten lasse, welche von Journalisten als Randbemerkung bei Artikeln mit unklarem Wahrheitsgehalt angebracht wird.

Elvira Glaser ist Professorin für Germanische Philologie am Deutschen Seminar der Universität Zürich.