Maya Wipf, Daniele Kaehr

Kantönligeist bei den Stipendien

Wer nicht genug Geld hat, kann Stipendien beantragen. Doch nicht alle Kantone zahlen gleich viel.

29. März 2014

Viele Studierende können ihr Leben nicht selbst finanzieren. Der Nebenjob reicht oft nicht aus, um alle Kosten abzudecken. Denn neben dem Unistress bleibt kaum genügend Zeit für andere Arbeit. Wenn das Elternhaus nicht über die nötigen Mittel verfügt, können Stipendien oder Darlehen beantragt werden. Im Jahr 2012 gaben die Kantone insgesamt 318 Millionen Franken für Ausbildungsbeiträge aus, rund 95 % davon in Form von Stipendien. Nur ein geringer Teil wird durch Studiendarlehen geleistet. Diese müssen die Studierenden nach dem Abschluss

zurückzahlen.

Erhebliche kantonale Unterschiede

Von Kanton zu Kanton bestehen jedoch erhebliche Unterschiede, was die Verteilung von Stipendien und Darlehen betrifft. So unterstützt der Kanton Wallis seine Stipendienbeziehenden mit Beiträgen in der Höhe von durchschnittlich gerade 3733 Franken im Jahr. Den grössten Ausbildungsbeitrag leistet der Kanton Waadt. Dort werden im Schnitt Stipendien von 9134 Franken überwiesen. Auch der Kanton Zürich lässt sich die Ausbildung seiner Bevölkerung mit über 8000 Franken pro Person einiges kosten. Eine gerechtfertigte Investition, findet André Woodtli, Vorsteher des Amtes für Jugend und Berufsberatung. «Die Hürden für den Bezug von Stipendien sind im Kanton Zürich zwar hoch. Wer aber einen Beitrag erhält, soll davon auch leben können.» Dass sich die Summen zwischen den Kantonen so stark unterscheiden, liegt am ausgeprägten Föderalismus. Es gibt keine einheitlichen Richtlinien, deshalb werden die Stipendien so ungleich berechnet und vergeben.

Vereinheitlichung angestrebt

Es gibt jedoch Bemühungen, die Ausbildungsbeiträge zu vereinheitlichen. Die kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren haben 2009 das Stipendienkonkordat verabschiedet. Dieses ist seit dem 1. März 2013 in Kraft. Damit sollen gesamtschweizerische Standards erarbeitet werden, die festlegen, wie die Beiträge bemessen werden sollen. Das Problem: Noch sind nicht alle Kantone dem Konkordat beigetreten – auch der Kanton Zürich nicht. Dies sei der Fall, da das Stipendienwesen im Umbruch sei, erklärt André Woodtli. «Der Kanton ist zur Zeit daran, die Stipendienvergabe zu überarbeiten. Die Diskussion um einen Beitritt zum Stipendien-Konkordat wird erst nach Abschluss dieser Bearbeitung weitergeführt.» Einen Beitritt des Kantons Zürich begrüssen würde Charles Stirnimann, Präsident der Interkantonalen Stipendienkonferenz und Leiter des Basler Amtes für Ausbildungsbeiträge. Da das Leben nicht überall gleich viel kostet, können gewisse Abweichungen zwischen den Kantonen mit den Lebenshaltungskosten begründet werden, sagt Stirnimann. Aber die Höhe der Differenzen sei abenteuerlich. «Auch im Kanton Zürich herrscht meiner Meinung nach in diesem Bereich Nachholbedarf.» Für ihn bedeutet das Konkordat auch einen Schritt in Richtung Chancengleichheit in der Bildung: «Die Sensibilisierung dafür sollte bei allen Kantonen vorhanden sein.»