«Für mehr Transparenz und Partizipation» – Die Gewerkschaft VPOD stellte am Podium auch konkrete Forderungen.

Scharfe Kritik am «Feudalsystem UZH», aber auch Hoffnung

Was hat der Fall Mörgeli mit der Internet-Zensur und dem UBS-Deal zu tun? An einem Podium der Gewerkschaft VPOD gab es Antworten auf diese Fragen und einen Überraschungsbesuch.

26. März 2014

Christoph Mörgeli, Iris Ritzmann, der UBS-Sponsoring-Vertrag und jüngst die Internetzensur der Uni. Mit diesen Exponenten und Themen machte die Uni im letzten Jahr Schlagzeilen. Die Universitätsleitung steht seit einem Jahr in der Dauerkritik. Die Leitung schien überfordert wenn nicht inkompetent im Umgang mit der Öffentlichkeit. Rektor Andreas Fischer trat ein halbes Jahr vor seiner Pension zurück.

Der VPOD (Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste) hielt am Dienstagabend im Hauptgebäude den Finger in die Wunden der Alma Mater und fragte provokativ: «UZH: Akademische Freiheit oder Feudalsystem?» Die ReferentInnen zeigten dabei die Probleme aus ihrer jeweiligen Sichtweise auf.

Guillotine-Politik der Unileitung

Philip Ursprung unterrichtete vor ein paar Semestern noch Kunstgeschichte an der Uni. Nun ist er Professor für Kunst- und Architekturgeschichte an der ETH. Er kritisierte als erstes den Titel der Veranstaltung und warnte davor, binären Erklärungsmuster zu verfallen.

Der Mitunterzeichner des Protests gegen die Entlassung von Iris Ritzmann illustrierte mit den bekannten Abstimmungsplakate der SVP, wohin ein solches Denken führen kann. Einen Sündenbock zu suchen, sei einfach und entspreche einer fatalen Tendenz, die schliesslich nicht vor Ritzmann und auch nicht vor Ex-Rektor Andreas Fischer halt gemacht habe. Mit ihrer «Appeasement-Politik« habe es die Unileitung verschlafen, sich klar für eine international ausgerichtete Akademie einzusetzen. Damit habe sich ein Spalt zu den ProfessorInnen aufgetan, in welchen schliesslich Iris Ritzmann, zuletzt Titularprofessorin am Medizinhistorischen Institut in Folge der Mörgeli-Affäre, gefallen sei.

Die blinden Flecken der Forschung

Der UBS-Deal hielt die Uni Zürich im letzten Jahr auf Trab. Schuld daran waren vor allem Matthias Daum und Marcel Hänggi, die in ihrer Funktion als Journalisten für die komplette Offenlegung des Geheimvertrags über das 110-Millionen-Sponsoring kämpften. Bei seinem Vortrag vor den zirka 40 Interessierten klagte Marcel Hänggi die Naivität an, die dem Verständnis der akademischen Freiheit entgegengebracht werde. «Eine Geberkultur braucht auch eine Nehmerkultur», sagte er und zeigte sich befremdet, dass die Jahresmedienkonferenz der Universität wie die Präsentation der Bilanz eines Unternehmens daherkomme. Zudem kritisierte er die Personenbindung im Vertrag, die dem Wirtschaftsinstitutsleiter und Direktor des UBS Centers Ernst Fehr zu viel Macht einräumen würde.

Der Leiter der VPOD-Gruppe der Uni Zürich Hansruedi Schelling konzentrierte sich in seinen Ausführungen vor allem auf den jüngsten Skandal. Die Zensur des Internets, die die Uni letzten Herbst eingeführt hatte, sei ein Vertrauensbruch mit den Angehörigen der Universität. Zwar müssten Abwägungen zwischen dem Schutz vor sexueller Belästigung und der Freiheit getroffen werden, es sei jedoch fragwürdig, Produkte einer Firma einzukaufen, die auch das Regime in Burma mit einem Zensurfilter beliefert habe.

Wenige Stunden zuvor hatte die erweiterte Unileitung beschlossen, die Zensur fast vollständig aufzugeben, wie Hernani Marques vom Chaos Computer Club Zürich aus dem Publikum anmerkte.

Wenig beachtetes Leitbild

Der ehemalige ZS-Redaktionsleiter Corsin Zander zeigte dem Publikum seine Recherchen auf, die zu einem Artikel über die Machtstrukturen in der Universität geführt hatten (siehe ZS #6/13). Er kritisierte die Machtkonzentration in der Person Regine Aepplis, die sowohl die Rolle der Regierungsrätin als auch der Vorsitzenden des Universitätsrats einnimmt und damit sich selber kontrollieren müsse. Zudem forderte er eine Berufung der ProfessorInnen durch unabhängige Experten.

Die Präsidentin des VPOD und Zürcher Gemeinderätin Katharina Prelicz-Huber fasste die aufgezeigten Punkte noch einmal zusammen und erinnerte die Universität Zürich an ihre eigenes Leitbild. «Transparenz, Subsidiarität und Partizipation sind im Leitbild festgeschrieben. Es genügt, sich bei der Führung der Universität daran zu halten», meinte sie im Tone der Nationalrätin, die sie bis 2011 war.

Die Diskussion mit dem Publikum blieb kurz. Man schien sich in der vorgetragenen Kritik weitgehend einig zu sein. Gegen Ende der Veranstaltung gesellte sich überraschend auch noch Rektor Michael Hengartner zum Publikum in den Vorlesungssaal KOL-F-101. Dem neuen Mann in der Unileitung hatten alle RednerInnen einen Vertrauensvorschuss entgegengebracht. Diesen kann der neue Rektor bei den nicht abreissen wollenden Skandalen gut gebrauchen.

Die Hoffnung, dass die Universität mit der neuen Führung transparenter wird, zog sich wie ein Roter Faden durch den Abend. Jedoch auch die Feststellung, dass die Probleme im Führungssystem angelegt und darum tiefgreifendere Reformen nötig sind.