Wir fürchten uns vor Spinnen, weil sie einmal lebensbedrohlich waren. AtelierMonpli/wikicommons

Schnipselseite

Bernd Roeck, der Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte der Neueren und Neusten Zeit, hat uns geantwortet und erzählt, welches Bier oder welchen Wein er mag und warum er Rivella gar nicht mag. Ausserdem: Warum haben wir Angst vor Spinnen?

28. November 2013

Geantwortet

Verehrte Redaktion,

die Zürcher Studierendenzeitung zitiert mich mit der

Äusserung, italienisches Bier und deutscher Wein seien ungeniessbar. Ich fürchte, dass ich mich – in einer Vorlesung? – tatsächlich zu einer solch unbedachten Pauschalierung hinreissen liess. Starke Thesen dieser Art, zum Beispiel auch Kritik an nutzlosen Katzen oder Lob für kluge Hunde, bringe ich gelegentlich aus didaktischen Gründen an, um das Publikum meiner Lehrveranstaltungen wach zu halten. Differenzierung sei daher gestattet. Mit Ausnahme gegenüber einem frisch gezapften Nastro Azzurro und einigen wenigen anderen Sorten mag mir als gebürtigem Bayern und damit Spross einer weltberühmten Bierregion eine gewisse Distanz zu italienischen Bierprodukten nachgesehen werden. Was deutschen Wein betrifft, gilt: Gemessen an einem Château Margaux mit Jahrgang 1983 oder 1986 sieht natürlich jeder deutsche – und übrigens auch andere – Tropfen schlecht aus. Zugegeben wird selbst der unbedarfte und auf Parker-Punkte wenig achtende Bier-Aficionado gerne einen robusten, der gebratenen Ente auf Augenhöhe begegnenden Sylvaner aus dem Würzburger Bürgerspital, einen herben Riesling vom Rhein oder einen seinem Namen Ehre machenden Gutedel vom Bodensee zu sich nehmen. Was ich wirklich nicht mag, ist Rivella. Aber dieses Getränk ist bekanntlich kein Wein und auch kein Bier. Mal sehen, ob es mir besser schmeckt, wenn ich, wie für die nahe Zukunft zu erhoffen, einen Schweizer Pass besitze.

Freundliche Grüsse

Ihr Bernd Roeck

Gesagt

«Wenn Sie mir eine hervorragende Arbeit versprechen, bin ich zu Diversem bereit.»

Prof. Dr. Angelika Linke, Professorin für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Zürich.

Gefragt

Herr Professor Rasch, ekeln wir uns vor Spinnen nur, weil sie acht Beine haben? Würden wir uns auch vor solchen mit vier Beinen ekeln?

Aus biopsychologischer Sicht gibt es die Annahme, dass eine gewisse Grundtendenz zur Angst vor Spinnen (aber auch vor Schlangen) bei Menschen biologisch-genetisch angelegt ist. Das bedeutet, dass Menschen bevorzugt Ängste (oder auch Phobien) vor Spinnen und Schlangen entwickeln können, ohne dass sie jemals negative Erfahrungen mit diesen Tieren gemacht haben. Dies könnte zum Beispiel aus einer evolutionären Perspektive erklärt werden: Giftige Spinnen und Schlangen stellten im Laufe der Evolution eine Gefährdung für den Menschen dar, und eine erhöhte, biologisch angelegte Angst vor diesen Tieren hat die Überlebenschancen des Menschen verbessert.

Wenn diese Erklärung zutrifft, würden wir heute ebenfalls bevorzugt Angst vor vierbeinigen Spinnen entwickeln, wenn es früher in der Evolution bereits giftige vierbeinige Spinnen gegeben hätte. Demnach spielt also vielmehr das Gefährdungspotential der Tiere für den Menschen im Laufe der Evolution eine Rolle für die bevorzugte Entwicklung von Ängsten und Phobien und weniger die Anzahl der Beine.

Soweit die Erklärung aus der evolutionären Perspektive. Meine Frau hat allerdings eine vollkommen andere, viel einfachere Antwort auf die Frage parat: Ja, wir würden uns auch vor vierbeinigen Spinnen ekeln, wenn die Spinnenbeine behaart wären.

Prof. Dr. Björn Rasch leitet die Abteilung Biopsychologie am Psychologischen Institut der Universität Zürich.