«Der Beruf des Grundschullehrers ist unsexy!» Richard David Precht

Precht will Konkurrenz wie bei Harry Potter

An der Veranstaltung «Wem gehört die Bildung?» kam ein Banker, drei Professoren und eine FDP-Politikerin zu Wort. Das VSUZH-Präsidium musste draussen bleiben.

1. November 2013

«Nur für geladene Gäste», sagt einer der drei Bodyguards vor der Aula am Donnerstag kurz vor 18 Uhr . «Der Raum ist schon seit 45 Minuten voll.» Zu verdanken hatte die Universität Zürich diesen Ansturm dem bekannten Philosophen, Bestseller-Autor und Fernsehmoderator Richard David Precht. Er referierte auf Einladung der Stiftung der Millionärin Carolina Müller-Möhl und der Excellenz Foundation über die Frage: «Wem gehört die Bildung?». Anschliessend diskutierte er mit Credit-Suisse-Verwaltungstratspräsident Urs Rohner, FDP-Politikerin Christa Markwalder, Erziehungswissenschaftler Jürgen Oelkers und dem Ökonomen Ernst Fehr.

Precht proklamierte in seiner Einleitung ein Bildungsrevolution. Er beschrieb, wie die Technologie uns bald erlauben werde «mit einem Wimpernschlag alles Weltwissen zu erlangen» und erklärte damit die gegenwärtige Schule als antiquiert. «Das Schulsystem basiert auf preußischen Werten, die den heutigen Bedürfnissen nicht mehr gerecht werden», so Precht.

Lehrerberuf nicht mehr «sexy»

Anschließenden diskutierte die Runde vor allem die Frage, was ein guter Lehrer ist. «Der Beruf des Grundschullehrers ist unsexy!», provozierte Precht und plädierte für eine Umstrukturierung des Berufes hin zu einer projektorientierten, offenen Tätigkeit. Der Lehrer solle den Stundenplan nach seinen Interessen und derjenigen der Schüler gestalten.

Precht plädierte für ein System, welches mit der Universität vergleichbar ist. Die Dozierenden bestimmen selbst das Programm. Vorgegebene Literaturlisten seien einem gesunden Schulunterricht hinderlich. Precht will die Konkurrenz in Schulen fördern. Das stellt er sich vor «wie bei Harry Potter», wo verschiedene Häuser sich um den Titel am Ende des Schuljahres streiten. Konkurrenz auch im Bereich der Hochschulen befürworteten alle Gäste. Durch Ranking-Listen finde diese bereits statt.

Insgesamt waren sich die Podiumsgäste einig, dass im Bereich des Schulsystems Änderungen vorgenommen werden müssen. Doch wenn es darum ging, wie diese Änderungen aussehen sollten, traffen Welten aufeinander. FDP-Politikerin Christa Markwalder aber auch der Credit -Suisse-Boss Urs Rohner wollen am aktuellen, dualen Schulsystems festhalten. Urs Fehr und Jürgen Oelkers hingegen befürworten radikale Änderungen im Bereich der Bildung, wie sie von Precht dargestellt wurden. Precht selbst wünscht sich, «dass unsere Kinder vor den Schulen stehen werden, die wir als normal empfinden und nur den Kopf schütteln können über das, was wir einst Schule nannten.»

VSUZH protestiert auf Facebook

Die Frage, wem Bildung gehöre, wurde nicht beantwortet. Studierende kamen weder auf dem Podium zu Wort, noch waren sie als Zuhörende eingeladen. Der Studierendenverband VSUZH beschwerte sich auf Facebook. «Studierendenvertreter dürfen mit dem Übertragungshörsaal vorlieb nehmen. Genau, was war nochmals die Frage? Wem gehört die Bildung?», Im Übertragungssälen lauschte das VSUZH-Präsidium und andere Studierende den Worten der drei Professoren, des Bankers und der FDP-Politikerin.