Beim Joggen kam die Erleuchtung
Studierende schreiben dauernd Arbeiten. Woher die besten Ideen kommen.
Die Seminararbeit muss schon bald abgegeben werden, doch die Forschungsfrage steht noch nicht einmal. Nun ist Kreativität gefragt: Ein guter Einfall muss her. Dieses Gefühl dürfte den meisten Studierenden bekannt vorkommen. Während des Studiums müssen Studierende der Universität Zürich bis zu zwölf Arbeiten schreiben oder anders ausgedrückt: rund 290 Seiten mit 712'500 Zeichen.
Der diesjährige Tag der Lehre – «Heureka – Ich habs gefunden!» –, der am 13. November stattfinden wird, widmet sich den Ideen, welche die Studierenden für ihre Arbeiten haben. Aufgrund von Vorschlägen der Dozierenden aus den verschiedenen Fakultäten werden jedes Jahr die besten Arbeiten mit dem Semesterpreis und 600 Franken ausgezeichnet. In diesem Jahr waren es 29. Die ZS hat drei davon ausgewählt.
Inspiration im Hörsaal
Cristina Vögelin liess sich für das Thema ihrer Arbeit «Dichotic Listening. Cerebral processing of verbal and nonverbal sounds in children and adults with regard to handedness» während eines Seminars inspirieren. Ein Dozent weckte ihr Interesse mit dem Fallbeispiel eines Schlaganfallpatienten, der grosse Teile seines Sprachvermögens verloren hatte. Um dem Ganzen eine persönliche Note zu verleihen, fokussierte sich die Linkshänderin auf den Zusammenhang von Händigkeit und Sprachvermögen. Dies schien besonders interessant. Denn auch der Betroffene aus dem Beispiel war wie sie ein Linkshänder, und er erholte sich nach dem Vorfall sprachlich schneller, als es einem Rechtshänder gelungen wäre.Tapetenwechsel
Matthias Schneebeli kam an der frischen Luft die Idee für das Thema «Versöhnung bei Paulus, anhand von 2 Kor 5, 18–21» seiner prämierten Arbeit. Beim Joggen hört der Theologiestudent Podcast-Sendungen. Laufend lauschte er einem Bericht der Theologischen Fakultät Tübingen über Versöhnung und Seelsorge. «Das war eine grosse Erleuchtung – zum ersten Mal hatte ich den Eindruck, wirklich zu verstehen, um was es in der Theologie eigentlich geht», berichtet er begeistert. So führen Ereignisse aus dem Alltag unverhofft zu einer guten Idee.
Selber denken
Bei Elena Koch war es das Gewöhnliche, das zur ausgezeichneten Idee führte. Lange Zeit tappte sie mit ihren Recherchen über das römische Erbrecht im Dunkeln und war mit nichts als Widersprüchen konfrontiert. Stunde um Stunde brütete sie über Quellen und Sekundärliteratur – und kam doch zu keinem befriedigenden Ergebnis. Schliesslich musste sie einsehen, dass sie auf diese Weise nicht weiterkam. Da kam ihr die zündende Idee für ihre Arbeit «Querela inofficiosi testamenti». Sie erkannte, dass sie von nun an eigene Theorien aufstellen musste und sich nicht auf das bisher Geschriebene verlassen konnte. Rückblickend erzählt sie: «Ganz entscheidend für meine Fragestellung und die Arbeit insgesamt war jener Moment, in dem ich beschloss, das brave Zitieren Anderer über den Haufen zu werfen und stattdessen selbstständig zu denken und kritisch zu hinterfragen.»
In diesem Punkt ist man sich über alle Fakultäten und Disziplinen hinweg einig. Engagement und Selbstständigkeit sowie Originalität und eine innovative Denkweise sind unerlässlich, will man eine Arbeit schreiben, die preiswürdig ist. Egal, woher die Idee dafür kommt.