Das offizielle Plakat der Literaturverfilmung von «Am Hang» Filmcoopi

Abgehängt

«Zu zahm!» schreit der Hauptdarsteller Henry Hübchen zu Beginn der Literaturverfilmung «Am Hang». Am Ende des Films wird klar: Er hat recht. Die Leinwandadaption bleibt weit hinter der Buchvorlage zurück.

7. Oktober 2013

Man sollte es wirklich besser lassen. Die Verfilmung eines guten Buches anzuschauen, ist wie dem Metzger beim Wurstmachen zuzusehen. Niemand will wissen, was wirklich in den knackigen, krummen Dingern steckt. Genauso enttäuschend ist es, Sätze, die einem in gedruckter Form noch in den Bann gezogen haben, auf der Leinwand abflachen zu sehen. Und so verhält es sich auch bei der Verfilmung des Romans «Am Hang» des Schweizer Autors Markus Werner.

Wechselnde Sexbeziehungen als Drang der Natur

Die Geschichte handelt von einem Scheidungsanwalt in seinen Mittdreissigern, der in Montagnola zufällig auf einen älteren, wuchtigen Altphilologen trifft. Bei malerischer Aussicht und literweise Wein kommen sich die beiden trotz ihrer vollkommen entgegengesetzten Weltanschauungen näher und philosophieren schliesslich über die Liebe. Der joviale Jurist Thomas preist sich als Bonvivant und Schürzenjäger. Er hält die Ehe für ein menschliches Fehlkonstrukt. Rasch wechselnde Sexbeziehungen passten eher zum Drang der Natur. Dass die Menschen nicht für die Monogamie gemacht seien, sehe er als Scheidungsanwalt jeden Tag.

Der Altphilologe Felix hält davon nichts, da diese Anschauung den Menschen in nichts vom Tier unterscheide. Er ist gegen das rasche «Zursachekommen» in allen Bereichen des Lebens. Allein das Zögern sei human. Das Brisante an der Geschichte ist die latente Spannung, die zwischen den Charakteren herrscht. Denn erst zum Schluss wird klar, dass die beiden noch mehr verbindet. Felix‘ Frau ist mit Thomas fremdgegangen und hat ihn seinetwegen verlassen. Eine Frage bleibt im Buch bis zum Schluss in der Schwebe: Wird sich Felix sich an Thomas rächen?

Fader als die Vorlage

Er wird – jedenfalls in der Verfilmung. Blind vor Eifersucht schiesst Felix Thomas vor einem Luxushotel im Tessin nieder. Es kommt zu einem Gerichtsprozess und schliesslich zu einer letzten Gegenüberstellung zwischen Felix und seiner Frau (gespielt von Martina Gedeck). Die beiden haben sich nicht mehr viel zu sagen. «Mach‘s gut», waren ihre letzten Worte. «Du auch», waren seine. Die Schlusspointe des Filmes ist um einiges fader als die der Vorlage. Dass die beiden Hauptdarsteller zudem eine Ménage-à-trois verbindet, enthüllt der Film im Gegensatz zum Buch bereits zu Beginn.

Regisseur Markus Imboden, der vor der zweiten Präsentation seines Films anlässlich des Zürich Film Festivals für das Publikum interviewt wurde, begründet diese frühe Enthüllung damit, dass eine Filmische Umsetzung nur so möglich gewesen sei. Zudem kritisierte er am Buch, dass die Frau dort nur als Projektionsfläche diene. Genau das machte aber in Markus Werners «Am Hang» einen grossen Teil der Spannung aus: das Ungewisse, das Undeutliche, das Unsichtbare. Und gerade das scheint auch das Problem vieler Literaturverfilmungen zu sein: Die Leinwandadaptionen machen vieles zu explizit sichtbar, was die Literatur in ihren schönsten Worten zu umschreiben vermag.

Hier geht es zum Trailer des Films.