Aus gehabtem Schaden nichts gelernt. Wirtschaftsstudis wollen, dass endlich Schlüsse aus der Wirtschaftskrise gezogen werden.

Offener Brief: Wirtschaftsstudis kritisieren Lehre als unvernünftig

In einem offenen Brief kritisieren Studierende der Wirtschaftswissenschaften ihre Fakultät. Die an der UZH gelehrte Ökonomie sei einseitig der Neoklassik verpflichtet. Sie fordern alternative Theorien und mehr Ethik. In einem Gastkommentar fassen sie ihr Anliegen zusammen.

24. September 2013

Harvard 2011. Mitten in einer Vorlesung verlassen 70 Wirtschaftsstudierende wortlos den Saal. Wenig später begründen sie ihren Protest in einem Brief an den Vorstand ihrer Fakultät. Darin kritisieren sie die eingeschränkte, stark verzerrte Sicht der ihnen gelehrten Ökonomie, welche ihrer Meinung nach «problematische und ineffiziente Systeme ökonomischer Ungleichheit» fördert.

An der UZH gilt: «Vernünftig ist, was rentiert!»

Eine solche Unzufriedenheit über den Vorlesungsstoff ist mittlerweile nicht nur in Harvard, sondern auch unter uns Wirtschaftsstudierenden der Universität Zürich zu spüren. Ganz nach dem Vorbild der amerikanischen Kollegen wenden wir uns darum in einem offenen Brief an die Fakultät und üben Kritik: In Zürich stützt sich die bisherige Lehre vorwiegend auf Modelle, welche der Denkschule der Neoklassik entspringen. Diese lässt sich mit Friedrich Dürrenmatts berühmtem Zitat zusammenfassen: «Vernünftig ist, was rentiert!». Ein solcher Leitsatz ist heute angesichts der Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft nicht mehr tragbar. Stattdessen müssten dringend Reformen stattfinden, welche neu gewonnene Erkenntnisse miteinbeziehen und die bisherigen Modelle hinterfragen. Wir akzeptieren nicht, dass dies bis heute nicht geschehen ist.

Gegen das Lehrmonopol der Neoklassik

Wir fordern die Aufhebung des Lehrmonopols neoklassischer Modelle und den Einbezug alternativer Theorien. Wirtschaftsethische Grundsätze und interdisziplinäre Kenntnisse müssen im Lehrplan stärker gewichtet werden. Denn auch in der Ökonomie gilt: Vernünftig ist, was die Gesellschaft erhält und weiterbringt.

Die Erstunterzeichnenden* des offenen Briefes an die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät:

Carmen Sprus, student network for ethics in economics and practice (sneep) Zürich Pascal Bührig, Co-Präsident der JUSO Kanton Zürich Anna Stünzi, Junge Grüne Kanton Zürich Lukas Alig, sneep Bernadette Scharfenberger, sneep Julian Renninger, Co-Präsident VSUZH

*Alle studieren an der WWF.