Das Erhabene: Careum, Gloriastrasse. Andrea Cattani

ZS testet: WCs

Die stillen Orte an der Uni und ETH Zürich: Wo sitzt man am schönsten?

26. April 2013

Wir besuchen sie täglich. Und täglich ist es ein Stress. Zwischen den Vorlesungen formieren sich vor den Toiletten ewig lange Warteschlangen und das Anstehen verschlingt wertvolle Minuten der Pausenzeit. So manche Studierende werden sich dabei schon gefragt haben, ob es in den altehrwürdigen Gemäuern der Uni, ETH und Konsorten nicht ein stilles Örtchen gibt, welches diesen Namen auch verdient hat.

An einem langen Uni-Tag wird die Toilette zu mehr als einem kurzen Reduit für die Notdurft. Hier werden Sorgen ausgetauscht, Lippenstift neu aufgetragen, Feierabendpläne geschmiedet und zu Semesterende nicht selten auch die letzten Karteikarten repetiert. Die Hoffnung, dass all dies an einem ruhigen, sauberen Ort vonstatten gehen kann, kollidiert nicht selten mit der Realität in Form von dicker Luft in Klaustrophobie-fördernden Räumen und unangenehmen Spuren der Vorgängerinnen und Vorgänger. Die ZS begab sich deshalb auf die Suche nach den versteckten Bijoux in den Uni- und Hochschulgebäuden und legte dabei ein besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse der Studierenden.

Platz 1: Das Erhabene – Careum, Gloriastrasse

Es ist nur wenige Minuten vom Hauptgebäude entfernt, und doch gilt es unter den Studierenden immer noch als kleiner Geheimtipp: Das Careum an der Gloriastrasse mit seinen Toiletten im Untergeschoss. Wer diesen Ort aufsucht, hat meist Grösseres vor, und das völlig zu recht. Die Füsse betreten hier feinste Marmorplatten, die strahlend weissen Lavabos stechen ins Auge. Die metallenen Kabinen der WCs reichen bis auf den Boden und sorgen so für ungestörte Ruhe. Neigt sich die Zeit im Rückzugsort dann doch einmal dem Ende zu, ermöglicht der riesige Spiegel mit seiner hellen Beleuchtung einen letzten Kontrollblick, um wieder frisch und gepflegt zurück in der nächsten Vorlesung zu erscheinen. Hier ist die Studentin noch Königin und der Student noch König.

Privatsphäre: ♦♦♦♦♦

Sauberkeit: ♦♦♦

Ausstattung: ♦♦♦♦

Ambiente: ♦♦♦♦

Erreichbarkeit: ♦♦♦

Platz 2: Das Stilvolle – ETH-Hauptgebäude

Das Hauptgebäude der ETH mit seinen finsteren und verwinkelten Gängen und dem zuweilen verstaubt wirkenden Mobiliar lässt auch betreffend der sanitären Anlagen wenig Gutes erahnen. Wer es eilig hat, wird hier definitiv auf die Probe gestellt. Denn hinter der schweren Holztür empfängt die Studis nicht die angestrebte Toilette, sondern zunächst bloss eine weitere, nun aber um Welten futuristischere Tür. Sie kann getrost als Vorbote für das, was nun folgt, betrachtet werden. Der Innenraum der WC-Anlagen hat nichts mehr gemein mit dem übrigen ETH-Bau: Die Wände sind in einem erfrischenden Grünton gestrichen, die Lavabos und die WCs wirken modern und gepflegt. Der eigentliche Trumpf dieser Anlagen wird dem Besucher aber erst nach einiger Zeit richtig bewusst: Anstatt betretener Stille bekommt der Austretende hier entspannenden Jazz zu hören. Ein wahres Erlebnis!

Privatsphäre: ♦♦♦♦

Sauberkeit: ♦♦♦

Ausstattung: ♦♦♦

Ambiente: ♦♦♦♦♦

Erreichbarkeit: ♦♦♦

Platz 3: Das Ruhige – Irchel

Für Gelegenheitsbesucher entpuppt sich der Irchel als wahres Labyrinth, ein System erschliesst sich hier den wenigsten Studierenden. Schade eigentlich, denn in den abgelegenen Ecken des Komplexes befinden sich Toiletten, die sich von den Anlagen im übrigen Gebäude mit ihren schaurigen orangen Kabinen beträchtlich abheben. Die WCs im Trakt der Mathematiker und Physiker bestechen mit einer einzigartigen Privatsphäre, selten begegnet man hier Mitstudierenden. Die Räume erscheinen entsprechend sauber und gepflegt. Das Licht passt sich allerdings dem äusseren Anblick des Irchelgebäudes an und der Raum erscheint in schummrig-dunklem Licht. Ein längerer Aufenthalt mit Lern- oder Zeitungslektüre ist hier nicht empfohlen.

Privatsphäre: ♦♦♦♦♦

Sauberkeit: ♦♦♦♦

Ausstattung: ♦♦♦

Ambiente: ♦♦

Erreichbarkeit: ♦♦

Platz 4: Das Weitsichtige – Uni-Zentrum, Hauptgebäude

Im Hauptgebäude gilt es, die Faulheit der Mitstudierenden bei der Wahl der Toilette zu antizipieren. Folgende Regel ist deshalb zu beachten: Je höher das Stockwerk, umso weniger frequentiert sind die WCs. Trotzdem kann man hier nicht ganz ungestört das Geschäft verrichten. Pluspunkte sammeln besonders die Anlagen für das weibliche Geschlecht auf der Ostseite des Hauptgebäudes. Panoramafenster fluten den Raum mit Tageslicht, was das Nachschminken und Styling in den Pausen erheblich erleichtert. Negativ wirken sich dabei jedoch die viel zu klein geratenen und zu hoch gelegenen Spiegel aus. Besondere Vorsicht ist hier bei privaten Toilettengesprächen geboten: Die WCs des nächsten Stockwerks sind nicht abgetrennt und die Intimfeindin auf dem Campus könnte einiges mitbekommen.

Privatsphäre: ♦♦

Sauberkeit: ♦♦♦

Ausstattung: ♦♦♦

Ambiente: ♦♦♦

Erreichbarkeit: ♦♦♦♦

Platz 5: Das Alte – Zentralbibliothek

Während der Lernphasen vor Prüfungen verkommt die ZB für nicht wenige Studierende zu einer Art zweitem Zuhause. Auch der Gang zur Toilette wird dadurch unausweichlich. Die WCs im Innenraum der Bibliothek mögen einladend und modern wirken, doch der erste Eindruck täuscht. Die Anlagen sind eng und berüchtigt für ihren gewöhnungsbedürftigen Duft. Nicht selten herrscht auf diesen Toiletten auch Grossandrang, was die Angelegenheit noch unangenehmer macht. Als Alternative bieten sich die Anlagen im Treppenhaus an. Diese sind in der Ausstattung nicht halb so modern, dafür kann der büffelnde Studi während seiner kurzen Pause bei geöffnetem Fenster sogar etwas vom Flair der Zürcher Altstadt erhaschen und so zu neuer Motivation finden.

Privatsphäre: ♦♦

Sauberkeit: ♦

Ausstattung: ♦♦♦

Ambiente: ♦♦

Erreichbarkeit: ♦♦♦