Alle diese Köpfe waren einst bei der ZS.

Wer einst die ZS-Redaktion bevölkerte

Wir lesen täglich ihre Texte oder sehen uns ihre Bilder an. Was viele nicht wissen: Sie waren früher bei der ZS.

26. April 2013

Constantin Seibt (47):

«In meiner Erinnerung verbrachte ich die zwei Jahre ZS fast ausschliesslich in der Redaktion. Sie zahlte auch so miserabel, dass man sonst nirgends hingehen konnte. Die letzte Nacht vor Redaktionsschluss arbei-teten viele durch. Es gab ein winziges, grünes Redaktionssofa. Drehte man sich im Schlaf, fiel man auf den Boden und arbeitete weiter. Den Morgen feierten wir mit Billig-Whisky aus dem Denner. Es war eine glückliche Zeit und ich zumindest habe dort mehr fürs Leben gelernt als im Studium selbst. Das schrecklicherweise wahrscheinlich deshalb, weil mein Leben danach fast gleich verlief.»

Studium: Germanistik, Philosophie und Geschichte

Tätigkeit: Reporter beim Tages-Anzeiger

Bei der ZS: 1992 und 1993

Hans Jürg Zinsli (45)

«Die Trasheminenz John Waters trat auf. Der Erziehungsdirektor Alfred Gilgen trat ab. Vier Schrottfilmer «Blutgeil» traten vor Gericht. – Und ja, ich war dabei. Damals, 1995, als freier Mitarbeiter der ZS. Irgendwann schrieb ich auch den Satz: ‹Ein rasselndes Klapperschlangen-Arsenal brüllt eine totgesottene Spinne nieder.› Es ging um das letzte Album der US-Kultband Kyuss. Nüchterner, dachte ich, könnte ich später noch schreiben. Das dachte womöglich auch die damalige ZS-Redaktion.»

Studium: Germanistik, Theaterwissenschaften und Journalismus

Tätigkeit: Filmredaktor bei der Berner Zeitung und Autor

Bei der ZS: Mitte 90er-Jahre

Marcel Hänggi (43)

«Journalistische Ambitionen hatte ich noch kaum welche. Aber ich träumte davon, Schriftsteller zu werden, und mein Idol Max Frisch hatte schliesslich auch mit ZS-Artikeln begonnen. Mein einziger Beitrag für die ZS, an den ich mich erinnere, war freilich ein Abfallprodukt: Ich hatte ihn der Weltwoche verkaufen wollen, die lehnte ab.»

Studium: Geschichte und Germanistik

Tätigkeit: Freier Journalist für zahlreiche Medien in der Schweiz und Deutschland

Bei der ZS: 1993

Mathias Ninck (44)

«Ich machte mit der ZS eine überraschende Entdeckung. Ich war blutjung damals, ganz frisch an der ETH. Ich schrieb einen Beitrag über die Vorführung von Monty Pythons ‹Die Ritter der Kokosmuss› an der Filmstelle und schickte ihn der ZS. Die druckten das. Vollumfänglich. Und sie schickten mir 20 Franken nach Hause, in bar. Als die Zeitung ein paar Tage später erschien, setzte sich eine Studentin neben mich, sie wedelte mit der ZS, sagte: ‹Hast du das geschrieben?› Es war nicht einfach irgendeine Studentin, es war die Miss Pythagoras, die absolut hammermässigste Studentin unseres Semesters, vielleicht der ganzen ETH. Ein Prachtexemplar. Sie sagte: ‹Hey. So geil. Ich hab’ in die Hosen gemacht vor Lachen.› Mein Herz galoppierte. War das möglich? Dass mich diese Studentin, die min- destens tausend Welten, nein, Galaxien von mir entfernt war, anlächelte? Ja. Sie lächelte mich an. Ich machte mit der ZS also die Entdeckung, dass einen Frauen anlächeln können.»

Studium: Umweltnaturwissenschaften, ETH Zürich

Tätigkeit: Redaktor «Das Magazin»

Bei der ZS: Anfangs 90er-Jahre

Ganzer Beitrag von Mathias Ninck zum Jubiläum

Philippe Amrein (36)

«Wie wir das jeweils geschafft haben, kann ich aus heutiger Warte nicht mehr vernünftig erklären. Aber: Wir haben es immer geschafft. Selbst wenn das einen laaangen Fussmarsch vom Büro in die Druckerei bedeutete, ausgeführt in den frühen Morgenstunden eines frostigen Novembertages – auf sehr dünnen Sohlen.

Der Morgen war jeweils eine Mühsal, doch die durchgearbeiteten Nächte vor Druckschluss bestätigten mich in meiner Begeisterung für das auf Zeitungspapier gedruckte Wort, das ebenso flüchtig ist wie eine melancholische Liedzeile, die man hin und wieder unbewusst aufschnappt und mit sich durch den Alltag trägt.»

Studium: Germanistik und Philosophie

Tätigkeit: Produzent Tages-Anzeiger

Bei der ZS: 1996-1999

Mathias Braschler (43)

«Die zwei Jahre Uni und meine Tätigkeit für die ZS stand dem Anfang einer in der Zwischenzeit sehr erfolgreichen Karriere als Fotograf. An der Uni habe ich auch meine Lebensgefährtin Monika Fischer getroffen, mit der ich heute als Fotografen-Duo braschler/fischer in der ganzen Welt unterwegs bin. »

Studium: Geografie und moderne Geschichte

Tätigkeit: Selbstständiger Fotograf

Bei der ZS: Anfangs 90er-Jahre

Richard Wolff (55)

«Während der 80er-Bewegung gab ich ab und zu auf der ZS-Redaktion irgendeinen Beitrag ab. Häufiger war ich aber da wegen Hinweisen zur Veranstaltungsreihe ‹Zürich ohne Grenzen›. Das daraus entstandene Buch wurde dann so etwas wie die Bibel der Stadtentwicklung Zürichs, eine Art Grundlage für die Entstehung einer Stadtentwicklungs-Debatte in Zürich.»

Studium: Geographie, Ethnologie und Volkswirtschaft

Tätigkeit: Frisch gewählter Zürcher Stadtrat

Bei der ZS: 80er-Jahre

Markus Storrer (42)

«Die ZS war ein wunderbares Biotop für mich. Hier musste ich gleich alles miteinander lernen: schreiben, redigieren, korrigieren, Bilder suchen, Inserate akquirieren und auch noch ein wenig layouten. Ich habe bei der ZS gelernt, eigenständig und ganzheitlich zu arbeiten. Und jene Freiheiten zu nutzen, die sich einem bieten. Was ist mir sonst noch geblieben? Angetrunkene Jubelprosa auf die erste WM-Qualifikation der Schweizer Nati seit 28 Jahren. Wie ich mich verschämt in die Frauentoiletten der Uni schlich, um WC-Sprüche von den Wänden abzuschreiben. Und natürlich der Geruch der Labormäuse, die unterhalb vom ZS-Büro vor sich hin vegetierten.»

Studium: Soziologie, Publizistik und Volkswirtschaft

Tätigkeit: Redaktor bei DOK (SRF)

Bei der ZS: 1993-1994

Maurice Thiriet (33)

«Die Zürcher Studentin war eine gute Vorbereitung auf das richtige Leben. Nachdem die Verantwortliche alles Geld beim Friseur und der Pediküre verprasst hatte, führte nur schlecht bis unbezahlte Selbstausbeutung zur fertigen Ausgabe. Besser als im richtigen Leben war die totale Macht über den Inhalt und die Form einer ganzen Zeitung, um etwa Roger Köppel mit einer hübschen jungen Frau aufs Titelblatt zu fotografieren. Meine Zeit bei der ultrafeministischen Zürcher Studentin endete dann mit dem achten Absturz des Layoutprogramms Quark. Die Seite war achtmal fast fertig und ungesichert abgestürzt. Mäder sagte: ‹Jesus saves.› Ich: ‹Scheiss-(Vulgärbegriff für weibliches Geschlechtsteil einsetzen)-quark!›»

Studium: Geschichte

Tätigkeit: Redaktor beim Tages-Anzeiger

Bei der ZS: 2003-2008

Ursula von Arx (46)

«Wir hatten Ambitionen. Unsere Artikel sollten schnell sein wie ein Fluch, tief wie ein Roman, direkt wie ein Film, präzis wie ein Gedicht und glaubwürdiger als jedes Telefonbuch. Vor allem aber beschlossen wir, dem Deutschen als Männersprache den Garaus zu machen: Für kurze Zeit stand ZS für Zürcher Studentin und ihre Welt war ausschliesslich weiblich – die 7 Bundesräte waren die 7 Bundesrätinnen, es gab nur noch Managerinnen oder männliche Managerinnen, und Mörder verwandelten sich in Mörderinnen. Und versetzten schliesslich dem Experiment den Todesstoss.»

Studium: Germanistik und Philosophie

Tätigkeit: Journalistin und Buchautorin

Bei der ZS: Anfangs 90er-Jahre

Reto Gerber (42)

«Sowohl ZS wie Polykum boten mir eine Möglichkeit, erste journalistische Gehversuche zu wagen. Das wiederum hat mir geholfen, in der Medienwelt Fuss zu fassen.»

Studium: Umweltnaturwissenschaften, ETH Zürich

Tätigkeit: Redaktionsleiter ECO (SRF)

Bei der ZS: Mitte 90er-Jahre

Philipp Anz (41)

«Die elektronische Schreibmaschine, mit der ich Anfang der Neunziger meine ersten Texte für die ZS verfasste, gibt es schon lange nicht mehr. Leonard Cohens Album ‹The Future›, das ich unter anderem damals besprochen habe, höre ich hingegen immer noch. Die Zeiten ändern sich, manches bleibt. Wie die ZS.»

Studium: Geschichte und Germanistik

Tätigkeit: Freier Journalist und Produzent

Bei der ZS: Anfangs 90er-Jahre