Freie Lehrstühle bleiben an der Uni Zürich zu lange unbesetzt. Florian Schoop

Über ein Dutzend Leerstühle

An der Philosophischen Fakultät sind 15 Professuren vakant. Ein Studierendenvertreter vermutet dahinter eine versteckte Sparmassnahme.

23. April 2013

Vakante Professuren an der Philosophischen Fakultät sorgen immer wieder für rote Köpfe. Das letzte Mal Anfang März, als die Uni das Berufungsverfahren für einen Publizistik-Lehrstuhl sistierte aufgrund der überwiegend deutschen Interessenten für die Stelle.

Akut vom Mangel betroffen ist das Ethnologische Seminar. Von ursprünglich fünf Professuren wurde eine gestrichen, zwei bleiben vakant. Lucca studiert im 4. Semester Ethnologie und hofft, dass die Posten bald besetzt werden. Aber da er das Studium nur unter diesen Umständen kenne, könne er nicht abschätzen, welche Veränderungen neue Berufungen bringen würden. Angefragt, ob er überlastet sei, antwortet Ethnologie-Professor Peter Finke, er melde sich, sobald er es schaffe. Bis zum Redaktionsschluss fand er keine Zeit. Das Dekanat zeigt sich optimistisch, die Besetzung der beiden Professuren sei «auf gutem Wege».

Langwierige Berufungsverfahren

Philipp Balzer, Geschäftsführer des Dekanats der Philosophischen Fakultät, erklärt die Schwierigkeit einer Berufung. Zum einen sei das Verfahren äusserst hürdenreich, da die Unileitung, der Unirat, der Fakultätsausschuss und die Berufungskommissionen ihr Einverständnis geben müssen. Zum anderen stelle sich bei hochspezialisierten Professuren häufig das Problem, dass geeignete Kandidaten rar seien.

Um den Berufungsprozess zu beschleunigen, plant das Dekanat die Schaffung einer Stelle zur Unterstützung der Berufungskommissionen. Nicolas Diener, Vize-Präsident des Studierendenrats der Universität Zürich (StuRa), kritisiert das «gemächliche» Tempo der Philosophischen Fakultät. Er sehe schon ein, dass eine sorgfältige Auswahl zeitintensiv sei, aber die Kommissionen tagten zu selten.

In der Tat können solche Verfahren bis zu dreieinhalb Jahre dauern. Diener macht zudem darauf aufmerksam, dass einzelne Professuren schneller neu besetzt werden als andere. Das Verhalten der Fakultät sei Ausdruck von mangelndem Interesse: «Möglicherweise sind diese Verzögerungen versteckte Sparmassnahmen», spekuliert Diener. Jährlich kostet eine Professur durchschnittlich eine halbe Million Franken. Philipp Balzer findet diesen Verdacht abwegig. Die Mittel für Professorengehälter lägen nicht in der Budgetverantwortung der Fakultät.

Nicolas Diener sieht das zentrale Problem bei den Berufungskommissionen. Diese bestünden häufig aus fachfremden Professorinnen und Professoren und ein Entscheidungskriterium sei deshalb auch, mit wem sie gerne in der Fakultät zusammenarbeiten wollen. Folglich würden die «grössten Konformisten» gewählt. Weiter bemängelt er, dass es bei ordentlichen Professuren keine ordentliche Leistungsüberprüfung der berufenen Person gebe. Am 17. April rief der StuRa eine studentische Arbeitsgruppe ins Leben, die sich künftig dem Problem der fehlenden Professorenkontrolle annehmen soll.