Zähne zeigen, ihr Partylöwen!
Wir machen lieber Party als Politik. Das muss nich sein, findet ZS-Reporter Michael Kuratli.
Der Kontrast könnte nicht stärker sein. Während Tausende Studierende im «Nachtseminar» im Club Plaza dank dem Verband VSUZH gratis Party machen, bleiben im Studierendenparlament die Ränge leer. Die Wahlbeteiligung für den Studierendenrat (StuRa) lag über Jahre unter 10 Prozent.
Doch auch die gewählten Räte wirken wenig motiviert. Von den 70 Ratsmitgliedern des StuRa waren bei den neun Sitzungen im Jahr 2012 durchschnittlich gerade mal 40 anwesend. In den Sitzungen vom November und Dezember liess sich zudem jeweils die Hälfte der Räte vertreten.
Gut die Hälfte der Studis der Uni entschied sich dieses Semester gegen eine Mitgliedschaft im VSUZH. Damit liegen wir in Sachen politisches Desinteresse im Schweizer Durchschnitt. 45 Prozent der Stimmberechtigten beteiligten sich in den letzten 20 Jahren bei nationalen Abstimmungen.
Politik blieb auf der Strecke
Müssen wir uns also damit abfinden, dass die Hälfte der Menschen einfach nichts mit Politik zu tun haben will? Oder könnte man von der sogenannten Bildungselite erwarten, dass sie nach mehr als 30 Jahren Unmündigkeit enthusiastischer auf einen Demokratiezuwachs reagiert?
Das historische Gedächtnis der Studierenden ist schlecht. Ein Abschluss bedeutet in den meisten Fällen auch den Austritt aus der Schicksalsgemeinschaft Uni. Der ewige Student ist mit der Bolognareform selten geworden. Theoretisch schliesst ein Student seinen Master innert fünf Jahren ab. Damit stehen zwischen der Abschaffung der letzten eigenständigen Studierendenschaft (SUZ) im Jahr 1977 und der Gründung der neuen verfassten Körperschaft sechs Generationen von Studierenden. Generationen, zwischen denen kaum Austausch besteht, die keine gemeinsame Geschichte schreiben und kein kollektives Gedächtnis entwickeln. Irgendwo zwischen Vietnam-Telegramm und heute blieb auch die politische Partizipation auf der Strecke. Heute ist die Uni für viele lediglich ein Ausbildungsort. Das «richtige Leben» beginnt danach.
Der Eklat im StuRa (siehe S. 36) zur Unterstützung der ASZ zeigt die Beisshemmung, welche selbst engagierte Studierende haben. Auch das ist eine Folge der turbulenten Vorgeschichte des Studiparlaments. Doch wenn sich der neue Löwe von Beginn weg die Zähne ziehen lässt, ist ihm früher oder später dasselbe Schicksal bestimmt wie seinem Vorgänger: die Bedeutungslosigkeit.
Das richtige Leben ist jetzt
Die Hochschulpolitik geht über die Campusgrenze hinaus und die Solidarität der Privilegierten mit denen, die keinen Zugang zu Bildung haben, ist Pflicht. Politik beginnt ebenso wenig wie das «richtige Leben» mit der Karriere nach der Uni und sollte gerade von jenen mitgestaltet werden, die sich einige Jahre wissenschaftlich mit gesellschaftlichen Prozessen befassen. Darum, liebe Partylöwen: Zähne zeigen! ◊