Editorial #2/13

Editorial

22. März 2013

Vor vier Jahren haben Zürcher Studierende Daniel Vasella von der Uni vertrieben. Dazu reichte ein Plakat mit dem Aufruf, ihn «gebührend» zu empfangen. Der Basler Chemieboss sagte seinen Vortrag ab. Für die mutige Aktion der Studis gabs viel Kritik. «Zensur» lautete der Vorwurf. Am 3. März dieses Jahres hat nun das Schweizer Stimmvolk Vasella aus der Schweiz vertrieben. Nach dem Ja zur Abzocker-Initiative zieht er in die USA. Die Zürcher Studierenden als politische Avantgarde. Wer hätte das gedacht?

ZS-Reporter Michael Kuratli stellt in seinem Kommentar fest, dass es oft anders ist. Für ihn ist der Löwe im Logo des neuen Verbandes VSUZH ein Partytiger. Absenzen im Rat und Wahlabstinenz bestätigen seine Sicht (Seite 37). Und trotzdem: Dass die Studierenden früher politischer als heute waren, ist ein Mythos. Das sagen jene, die vor 40 Jahren als Studenten politisch aktiv waren. Bei einem Gespräch zwischen den letzten und den ersten Präsidenten einer eigenständigen Studierendenorganisation beglückwünschten die Veteranen aus den 1970er Jahren die heutigen Studipolitiker zu ihrem Rückhalt (ab Seite 38).

Die Frage, ob man politisch sein soll oder sein darf, beschäftigt auch die ZS. Als redliche Journalistinnen und Journalisten hören wir uns alle Seiten an und versuchen, ihnen gerecht zu werden. Trotzdem mischen auch wir uns ein und nennen Missstände beim Namen. Zum Beispiel in der Wohnbaupolitik (Seiten 8 und 44). Dazu braucht es Mut, denn wer den Mund auftut, riskiert, falsch zu liegen. Doch «die Welt gehört nicht den Ängstlichen», sagte mir der letzte SUZ-Präsident im Lichthof.

Pascal Ritter, stv. Redaktionsleiter