Angst vor Politik
Das Studiparlament stritt heftig darüber, ob es eine Flüchtlingsschule unterstützen darf. Dahinter steckt ein historisches Trauma.
Die Debatte über die Autonome Schule Zürich (ASZ) im Studierendenrat (StuRa) endete am 27. Februar, bevor sie richtig begonnen hatte. Die Fraktion «kritische Politik» (kriPo) wollte das Schulprojekt für Flüchtlinge mit einer Resolution unterstützen.
In einer Sache waren sich die meisten einig: Die ASZ verdient Solidarität. In einem offenen Brief solidarisierten sich eine Woche später StuRa-Mitglieder aus allen den meisten Fraktionen mit dem Projekt. Auch StuRa-Co-Präsidentin Oriana Schällibaum und ihr Kollege Tobias Hensel. Sie hatten vor der Sitzung mit einer Mehrheit des StuRa-Büros (Exekutive) den Antrag für ungültig erklärt. Er widerspreche der Geschäftsordnung des StuRa. Allgemeinpolitik sei zudem auch dem neu entstehenden Verband VSUZH verboten.
Sitzung abgebrochen
An der StuRa-Sitzung vom 27. Februar kam es zum Eklat. Die kriPo wollte den Antrag doch noch stellen, scheiterte aber an der nötigen Zweidrittelmehrheit. Die kriPo verliess aus Protest den Raum. KriPo-Mitglied Hernâni Marques trat aus dem StuRa-Büro aus. Die Sitzung musste mangels Teilnehmenden abgebrochen werden. Wie kam es zur Eskalation?
Die Gegner des Antrags befürchteten, dass der gerade entstehende VSUZH wieder abgeschafft werden könnte, wenn er sich zu einem Thema äussert, das die Uni nicht direkt betrifft. Das brachte die kriPo-Vertreter auf die Palme. Die ASZ gehe die Uni sehr wohl etwas an, so Fraktionschef Gabriel Maier. Sein Kollege Florian Sieber warf ein, im Rat herrsche «eine Angst wie vor 45 Jahren».
Tatsächlich waren die unipolitischen Verhältnisse Ende der 1970er Jahre von Konfrontation geprägt.
Kaum links schon abegschafft
Die Linke hatte nach langer rechter Dominanz erstmals die Mehrheit im Grossen Studentenrat (GStR), dem Parlament der damals noch eigenständigen Studierendenschaft (SUZ), erobert. Dem Erziehungsdirektor Alfred Gilgen waren diese «sozialistischen Umtriebe» ein Graus und einige Studierende fühlten sich von der SUZ nicht mehr vertreten. Einzelne Studis weigerten sich, den Beitrag zu zahlen, und rekurrierten bis vor den Regierungsrat.
Als die Vorsitzenden der SUZ zum Ende des Vietnamkrieges den vietnamesischen Studierenden ein Glückwunschtelegramm sandten, erklärte der Regierungsrat die SUZ für illegal. Als sich der StuRa in den letzten Jahren wieder für eine verfasste Studierendenschaft einsetzte, bemühte er sich deshalb darum, politisch unverdächtig zu wirken und distanzierte sich von Aktionen wie der Unibesetzung.
Der bürgerlich dominierte Kantonsrat stimmte der Wiedereinführung der Körperschaft schliesslich knapp zu. Das Gesetz hält explizit fest, dass die Körperschaft «kein allgemeines politisches» Mandat hat.
Rücktritt vom Rücktritt
Im StuRa haben sich die Wogen mittlerweile geglättet. Hernâni hat seinen Rücktritt zurückgenommen. Wo die Grenze zwischen studentischen und «allgemein politischen» Anliegen liegt, wird weiterhin zu Diskussionen führen.