Der 84-jährige Kimani Maruge an seinem ersten Schultag. thefirstgrader-themovie.com

Der älteste Schüler der Welt

Der entwicklungspolitische Filmabend im CABinett gab einen Einblick in die Arbeit einer NGO und überzeugte mit der Geschichte des 84-jährigen «ältesten Schülers der Welt».

15. März 2013

Als Kimani Maruge am ersten Schultag in der lokalen Grundschule in Kenia auftaucht, schlägt ihm Unverständnis entgegen. Nachdem die kenianische Regierung ankündigte, den Zugang zur Primarschule allen Menschen Kenias kostenlos zu eröffnen, fasst Kimani Murage den Beschluss, lesen und schreiben zu lernen.

Am vergangenen Donnerstag wurde der britische Film «The First Grader» im CABinett der ETH Zürich vor etwa 150 Leuten vorgeführt. Die Nichtregierungsorganisation „Aiducation International“ wollte damit den Zuschauern einen Einblick in die Thematik der Bildung in Kenia geben und nutzte die Veranstaltung, um Werbung für die Bildungspartnerschaften mit kenianischen Schülern zu betreiben.

Mehr als universeller Zugang zu Bildung

In dem bereits 2011 veröffentlichten Film geht es nur auf den ersten Blick um das Schulsystem in Kenia. Dahinter verbirgt sich der Kampf des 84-jährigen Maruge für das Recht auf Bildung, auf menschliche Entwicklung und gegen das Vergessen der Gräuel der Vergangenheit. Als der Wissbegierige das erste Mal an der Schule auftaucht und abgewiesen wird, näht er sich eine Schuluniform, besorgt sich den obligatorischen Bleistift und beeindruckt die Schuldirektorin mit seiner Hartnäckigkeit.

In den kommenden Tagen und Wochen stösst der Schulbesuch auf immer grösser werdendes Missverständnis und Ablehnung im Dorf und die gesellschaftliche Spaltung aufgrund ethnischer Kluften tritt deutlich zu Tage. Damit ist der mit guten Schauspielern besetzte Film im Kern nicht nur ein Plädoyer für einen universellen Zugang zur Bildung, sondern vielmehr für Vergangenheitsbewältigung. Die Wunden aus dem Entkolonialisierungskrieg sind immer noch sicht- und spürbar und beschäftigen die kenianische Bevölkerung noch heute. Dass ausgerechnet ein britischer Film dieses Thema aufgreift, zeigt, dass auch in Grossbritannien immer noch ein Bedarf an historischer Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe besteht.

Besuch bei den Vereinten Nationen

Der Film basiert auf der wahren Geschichte des Kimani Maruge, der weltweit Aufmerksamkeit als der „älteste Schüler der Welt“ erregte und 2005 vor der UN-Vollversammlung sprach, um für kostenlose Bildung zu werben. Im wirklichen Leben musste der Grossvater von 30 Enkeln nach den Ausschreitungen rund um die Wahlen 2007 nach Nairobi fliehen und konnte dort seine Ausbildung fortsetzen. 2009 starb Maruge im Alter von 89 Jahren in Nairobi.

Die grosse Resonanz der Veranstaltung verdeutlicht das Interesse der Zürcher Studierenden an entwicklungspolitischen Themen und Problemen Afrikas. Der preisgekrönte BBC-Film weist nicht nur auf das Thema des universellen Zugangs zu Bildung hin, eines der Milleniumsziele der Vereinten Nationen, sondern verpackt hinter der rührenden Geschichte die innergesellschaftlichen Probleme Kenias. Leider verpassten es die Veranstalter, einen aktuellen Bezug des Films zu den Wahlen Anfang März in Kenia herzustellen oder ihn anderweitig in einen Kontext zu stellen. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass es auch weiterhin solche gelungenen Filmabende zu entwicklungspolitischen Themen in Zürich geben wird.

Regie: Justin Chadwick

Laufzeit: 103 Minuten

Erscheinungsdatum: 2011

Mit: Naomie Harris, Oliver Litondo, Tony Kgoroge

Für wen: Für alle, die Biopics mögen, ein Interesse an den Problemen Afrikas haben und auf überraschende Wendungen im Film verzichten können.