Editorial #5/12

Editorial

23. November 2012

Kürzlich traf ich Alex. Vor vier Jahren habe ich ihn in München kennengelernt. Er war 30, ich 20. Wir besuchte einen Latein-Crashkurs. Er, weil er sein Geschichtsstudium nach zehn Jahren endlich abschliessen, ich, weil ich es beginnen wollte. Mit der Prüfung hat es damals bei uns beiden nicht geklappt. Und als ich ihn da unverhofft antraf, lautete die erste Frage: «Hast du das Latinum bestanden?» - «Ja! Beim dritten Mal. Und mein Studium habe ich vor einer Woche abgeschlossen.» Nach 28 Semestern. Geht das heutzutage noch? Ich weiss es nicht. Eines kann ich aber mit Sicherheit sagen: Alex hat sein Studentenleben in vollen Zügen genossen.

Wenn ich heute mit Studierenden spreche, höre ich sie vor allem jammern. Die Betreuung ist schlecht, die Studiengebühren hoch, und die vielen Prüfungen machen es einem unmöglich, noch richtig zu lernen. Das mag alles richtig sein und darüber soll man sich ereifern. Aber das war früher genauso. Da wurde der VSUZH aufgelöst statt neu gegründet. Die Studierenden hatten keine Jugendzentren für Parties und es gab noch keine Gender Studies.

Dabei liegt das alles in unserer eigenen Verantwortung. Ich sitze in der ZS-Redaktion, auf meinem Pult stehen vier leere Bierdosen. Die Produktionswoche neigt sich dem Ende zu und zum ersten Mal in meinen vier Jahren ZS merke ich, dass wir nicht durchkommen, wenn ich jetzt nicht bis tief in die Nacht durcharbeite und in der Redaktion schlafe. Aber mit dem Schlafen an der Uni habe ich ja jetzt Erfahrung.

Und Geld haben wir auch keines, deshalb hat es in diesem Semester nur für zwei Ausgaben gereicht. Egal. Es zählt eben was wir draus machen. Eines Tages werde ich auf diese Zeit zurückblicken und sagen: «Früher war alles besser.»

Corsin Zander, Redaktionsleiter