Tony Mendez (Ben Affleck) beim Durchgehen seines unglaublichen Plans. TMDb.pro

When CIA goes Hollywood

Der Anfang des Films «Argo» ist fulminant und könnte aktueller nicht sein. Vor der US-Botschaft werden amerikanische Flaggen verbrannt. Der Mob wird immer aufgebrachter und stürmt die Botschaft. Wir befinden uns im Iran während der Revolution von 1979.

26. September 2012

Der historische Hintergrund des Films ist die Geiselnahme von 52 US-Botschaftsmitarbeitenden durch iranische Studenten. Mitten im Chaos gelingt es sechs Personen, sich in die nahegelegene Residenz des kanadischen Botschafters zu retten. Trotz der Flucht schweben sie in Lebensgefahr. Es ist nämlich nur eine Frage der Zeit, bis ihr Verbleib bekannt wird. Um die Flüchtlinge ausser Landes zu bringen, wird CIA-Spezialist Tony Mendez engagiert. Dieser entwirft einen kuriosen Fluchtplan: Er hat vor, Dreharbeiten für einen fiktiven Film namens «Argo» zu simulieren. Ziel ist es, die sechs Landsleute als Mitglieder des Filmteams zu tarnen und sie auf diese Weise an den rigiden iranischen Ordnungskräften vorbeizuschmuggeln.

Eine groteske Hollywood-Story, könnte man meinen. Doch die Handlung ist keineswegs erfunden, sondern eine Verfilmung von historischen Begebenheiten. Die Umstände dieser riskanten Rettung wurden von der CIA erst Jahrzehnte später bekanntgegeben und nun eben verfilmt. Diese Verfilmung gelingt den Machern über weite Strecken. «Argo» ist ein Film, der einen von der ersten Sekunde an in seinen Bann schlägt.

Packende Dramatik vermischt mit Situationskomik

Der umtriebige CIA-Agent Mendez, dem selten ein Lächeln von den Lippen kommt, wird von Ben Affleck sehr überzeugend gespielt. Man kauft ihm sein Engagement ab, selbst wenn er gegen die Befehle von oben handelt. Auch mit den geflohenen sechs Amerikanern, die in der kanadischen Botschaft langsam wahnsinnig werden, kann man mitfühlen. Ihre prekäre Lage und die ständig präsente Todesgefahr kommen sehr realistisch rüber.

Trotz dieser todernsten Lage ist der Film an vielen Stellen richtig lustig. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Handlung rund um das fiktive Filmprojekt eine mächtige Portion Situationskomik mit sich bringt. Zum Beispiel dann, wenn ein hohes CIA-Tier einen Fluchtplan mit Fahrrädern vorschlägt und Mendez daraufhin fragt, weshalb er den Geflohenen nicht grad noch Stützräder und Gatorade zur Stärkung mitgeben will. Diese Entgegnung ist nicht nur lustig, sondern spiegelt auch die Aussichtslosigkeit der Lage wider. Diese erklärt auch, wieso Fluchtspezialist Mendez zur abstrusen Idee kommt, die sechs Amerikaner als Filmcrew ausser Landes zu schleusen. Denn: Es gibt nur schlechte Ideen. Bezeichnend dazu sagt Mendez’ Boss: «This is the best bad idea we have.»

Klischeehafte Darstellung der Islamisierung

Einen genaueren Blick verdient die Darstellung des Irans. Da wüten verhüllte Frauen mit Kalaschnikows durch die Strassen und aufgebrachte Händler reissen auf dem Bazar von Teheran die angebliche Filmcrew fast in Stücke. Von Beginn des Films weg ist der Iran ein ziemlich ungemütliches Pflaster. Die radikale Islamisierung des Landes wird an mehreren Stellen aber eher plakativ dargestellt. Zum Beispiel dann, wenn mehrere Familien mit ihren Kindern auf dem Boden der US-Botschaft sitzen und aus geschredderten Schnipsel die Portraits der sechs geflohenen Amerikaner puzzleartig zusammensetzen. Oder wenn vermummte Frauen bei Kentucky Fried Chicken Hühnchen in sich hineinfuttern. Die politische Aussage solcher Szenen ist klar: Der iranische Standpunkt soll in Widersprüche verwickelt werden, denn wie kann man Amerikaner hassen, deren Fastfood aber essen?

Obwohl diese Darstellung etwas klischiert daherkommen, sind es die enorm spannende Machart und die an vielen Stellen durchdringende Situationskomik, die diesen Film sehenswert machen.

Regie: Ben Affleck

Laufzeit: 120 min

Erscheinungsdatum: 10. Oktober 2012

Mit: Ben Affleck, John Goodman, Taylor Schilling

Für Wen: Politthriller-Fans.