Dominik. Andreas Rizzi

Ein Titel, viele Gesichter

Drei Porträts von Doktorierenden.

21. September 2012

Mathias, 28, Jus: Der Begriff des Anspruchs im Öffentlichen Recht

Die Wochen sind ziemlich strikt durchgeplant. Drei Tage bin ich zuhause und schaue nach unseren beiden Töchtern. Die ältere ist zwei Jahre, die jüngere acht Monate alt. Meine Frau kümmert sich die restliche Zeit um sie, während ich an der Uni bin. Das klappt bei uns sehr gut. Es ist schon von Vorteil, als Assistent an der Fakultät angestellt zu sein und dort ein Büro zu haben. Arbeitszeit und Zeit für meine Doktorarbeit lassen sich so gut kombinieren; ich kann immer in die Institutbliothek gehen und habe Leute meines Fachgebietes um mich.

Obwohl es naheliegend wäre, werde ich wohl kaum als Anwalt arbeiten. Mich zieht es in die Verwaltung oder in ein Unternehmen. Ein Doktortitel ist dafür eigentlich nicht nötig, aber ich entschied mich auch nicht aus Karrieregründen dafür. Bei mir stand das persönliche Interesse immer im Vordergrund. Mit der Dissertation möchte ich dennoch bis 2013 fertig sein, vier Jahre sind genug. Sie fordert ein hohes Mass an Leidenschaft, Selbstverantwortung und Ausdauer.

Nebenbei studiere ich seit 2007 Germanistik. Damals war ich mir nicht sicher, ob Jus wirklich das Richtige für mich ist. Hätte ich zu jener Zeit schon Kinder gehabt, wäre das aber nicht möglich gewesen.

Uni, Assistenz, Doktorarbeit und Kinder unter einen Hut zu bringen, entsprang nie einem Masterplan. Es hat sich immer ergeben und optimal gepasst. So oder so würde ich mich jederzeit wieder für eine Dissertation entscheiden.

Kathrin, 33, Nordische Philologie: Die Materialität der Mumins-Kinderbücher

Wenn ich davon erzähle, dass ich im Bereich Kinderliteratur doktoriere, wundern sich manche. Dazu kommt, dass Nordische Philologie sicher nicht zu den bekanntesten Studienfächern gehört.

Nach meinem Uniabschluss 2008 arbeitete ich zunächst als Redaktorin bei einer Tageszeitung. Ich finde es wichtig, Erfahrungen im Berufsleben zu machen. Als ich dann letzten Herbst meine Assistenz antrat, nahm ich die Dissertation schliesslich in Angriff. Das war eine sehr bewusste Entscheidung aus Begeisterung für das Fach. Schon während des Studiums war das Doktorat eine Option.

Ich verbringe meine Tage hauptsächlich im Büro am Deutschen Seminar. Die Recherche, das Schreiben, alle nötigen Schritte sind einer schriftlichen Arbeit während des Studiums ähnlich. Nur sind sie halt mit einem viel höheren Zeitaufwand verbunden.

Manchmal ist das eine einsame Sache. Es ist mir deshalb wichtig, mich um mein soziales Umfeld, die Familie und Freunde, zu kümmern. In unserem kleinen Institut herrscht eine beinahe familiäre Atmosphäre. Auch das hilft, sich nicht vollends zu isolieren.

Wo ich in fünf Jahren stehen werde, weiss ich nicht, ein Doktortitel eröffnet viele Möglichkeiten. Sicher möchte ich die Dissertation aber bis in vier Jahren zu einem Abschluss bringen. Das hat neben dem finanziellen auch einen ganz praktischen Grund: Je länger man an etwas sitzt, desto eher verliert man die Freude daran.

Dominic, 26, Management, Technology, and Economics: Energieeffizienz

Umweltschutz liegt mir am Herzen, ich bin ein Naturmensch. Seit diesem Frühling lebe ich in Zürich und beschäftige mich an der ETH mit dem Energieverbrauch von Häusern.

Es ist krass, wie viel Energie in Gebäuden ungenutzt verpufft. Besonders bei Heizungen liegt ein grosses Potential, diese einzusparen und so Emissionen und Kosten zu verringern.

Die Möglichkeiten sind vielfältig. Zum Beispiel verbindet man die Heizung mit dem Internet. Melden die Wetterprognosen wärmere Temperaturen, wird nicht so stark geheizt. Oder die Heizung merkt, dass niemand zuhause ist und reguliert automatisch. In diesem Bereich gibt es noch sehr viel zu tun.

Dieses Projekt unterscheidet sich stark von meinem Physikstudium in Heidelberg. Das war auf Theorie ausgelegt, während hier an der ETH die praktische Anwendung im Vordergrund steht. Der Wechsel bedeutete einen kompletten Bruch. Ich überlegte mir lange, ob ich mich neu ausrichten soll, oder ob ich nicht doch in der Physik bleiben möchte. Ist der Schritt getan, gibt es kein Zurück. Aber der Reiz, etwas komplett Neues anzugehen, überwiegte. Heute bin ich froh über meine Entscheidung.

Gerade während des Doktorats gibt es eigentlich immer etwas zu tun. Deshalb ist es wichtig, dass man nebenbei noch etwas anderes hat, um den Kopf freizukriegen. Ich gehe dazu in die Berge zum Klettern. Die liegen ja jetzt vor meiner Haustür.